Mode - Made in Europe
8. März 2005Der Geburtstort der beiden Brüder ist Dresden. Von dort wanderten sie mit ihren Eltern 1973 nach West-Berlin aus. Eigentlich sollte die Reise weitergehen, nach Griechenland zu den Großeltern. Aber das durften sie nicht. Die damals herrschende Militärjunta verweigerte den ehemaligen Bürgerkriegs-Flüchtlingen von 1949 die Wiedereinreise ins Land. Also blieben sie in Deutschland.
Mit einem Koffer in Berlin
Sieben Jahre rechte Hand des Wiener Designers Helmut Lang in Paris, fünf Jahre Chefdesigner beim italienischen Modehaus Diesel in New York, ein eigenes Label, demnächst eine eigene Kollektion hochwertiger Unterwäsche bei Schiesser, die auch noch unter seinem Namen läuft - Kostas Murkudis ist in der internationalen Modeszene eine feste Größe. Dieser Erfolg war nicht vorauszusehen, als die Familie vor 32 Jahren mit buchstäblich einem Koffer von Dresden nach West-Berlin übersiedelte.
Wegen der Eltern studierte Kostas Chemie, übte aber diesen Beruf nie aus, sondern lernte drei Jahre lang an der Berliner Lette-Schule Modedesign. Den Bezug zu Mode erklärt sich Kostas Murkudis auch mit seinem Aufwachsen in der DDR: "Natürlich war eine Sehnsucht da, weil wir aus einem Land kamen, was Mode nicht zuließ, was Vielfältigkeit als solche nicht zuließ. Demzufolge gab es diesen Gedanken. Und vielleicht hat auch das Verlassen dieses Staates, die Konfrontation mit Konsum, etwas losgelöst, das im Innersten, in den Genen, wie auch immer, in roher Form vorfixiert war."
Brüder vereint
Auch sein Bruder Andreas sollte etwas Ordentliches studieren. Ein Semester Betriebswirtschaft hielt er aus. "Dann habe ich das gemacht, was ich immer machen wollte - Kunstgeschichte studieren. Und da habe ich das große Glück gehabt, sofort im ersten Semester ein Praktikum in einem Museum zu machen. Und dann bin ich sozusagen vom Praktikanten zum Geschäftsführer aufgestiegen."
Eigener Laden für Designermode
Fast 20 lange Jahre arbeitete Andreas Murkudis für das "Museum der Dinge". Vor drei Jahren hat er in einem Hinterhof den vielleicht wichtigsten Berliner Laden für Designermode eröffnet. Mittlerweile erstreckt sich die Ausstellungs- und Verkaufsfläche auf über 1000 qm verteilt auf vier eigenständige Räume. Die mitunter teuren Einzelstücke trägt Andreas Murkudis als eine Art Design-Scout zusammen. Die Angebote umfassen nicht nur Neuigkeiten, sondern, und das ist ihm viel wichtiger, sie zeugen von gutem Geschmack. Sowohl den Anzüge von bis zu 1600 Euro, als auch dem Stift für 2 Euro, wird ein gleichwertiger Platz zugeteilt. Den Sinn für Ästhetik hat er mit viel Arbeit, Kenntnis und Leidenschaft gewonnen. Merkmale, die auch seinem Bruder Kostas eigen sind.
Deutscher oder Grieche
Beim Aufzählen seiner aktuellen Projekte erwähnt Kostas, dass er demnächst in Tokio an einer Modepräsentation teilnehmen wird. Das Goethe-Institut stellt in Japan kreative deutsche Designer vor. Als was fühlt er sich, als Deutscher?
"Ich bin natürlich sehr, sehr stolz Grieche zu sein. Mein Pass ist auch griechisch, der meines Bruders ebenso. Wir sind griechische Staatsbürger. Wir sind hier geboren, wir leben hier in Deutschland und demzufolge müssen wir uns irgendwo damit auseinandersetzen."
Dieses stark ausgeprägte Festhalten an der griechischen Nationalität hängt mit der Biografie der beiden Brüder zusammen. Ihre Eltern hatten Ende der 1940er-Jahre infolge des Bürgerkriegs Griechenland verlassen. Ihnen und weiteren 100.000 politischen Flüchtlingen wurde die griechische Staatsbürgerschaft aberkannt. Erst in den 1980er-Jahren hat sie ihnen der griechische Staat zurückgegeben. Und wonach man sich so lange gesehnt hat, das gibt man so schnell nicht wieder her.
Eher Grieche als Deutscher
Es gibt aber noch einen anderen Grund, sagt Andreas, weshalb sie nicht die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt haben. "Als wir die Chance hatten, einen deutschen Pass zu bekommen, wollten wir in einfach nicht mehr." Die Zeit davor sei so hart gewesen - all diese Aufenthaltsgenehmigungen, die besorgt werden mussten ...
Das alles ist auch nicht mehr so wichtig, bemerkt sein Bruder Kostas zum Schluss, jetzt sind wir Europäer.