Montenegro: Neue Partei "Europa Jetzt!" liegt vorn
12. Juni 2023Die neue reformorientierte Bewegung "Europa Jetzt!" (PES) hat nach Berechnungen von Wahlforschern die Parlamentswahl in Montenegro gewonnen. Nach Auszählung fast aller Wahllokale kam sie auf 26 Prozent der Stimmen und erhält 24 von 81 Mandaten, wie das Wahlforschungsinstitut CDT in Podgorica erklärte. Zweitstärkste Kraft wurde die ehemalige Präsidentenpartei DPS. Sie bekam 23 Prozent der Stimmen und kann mit 21 Mandaten rechnen.
Die Wahlbeteiligung lag mit 56 Prozent deutlich unter den Erwartungen. Wahlbeobachtern zufolge hat es wenige Unregelmäßigkeiten gegeben. Es wird damit gerechnet, dass die Wahlkommission das endgültige Ergebnis der Abstimmung in den kommenden Tagen vorlegt.
"Europa Jetzt!", im April 2022 gegründet, war als Favoritin in die Wahl gegangen. Die neue Partei gibt sich modernisierungsfreudig und will das kleine Adria-Land in die EU führen. Zugleich steht sie aber auch für eine stärkere Anlehnung an das Nachbarland Serbien. Mit Jakov Milatovic (36) stellt sie bereits das neue Staatsoberhaupt.
PES-Spitzenkandidat Milojko Spajic (35) erhob noch in der Wahlnacht den Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten. "Es ist offensichtlich, dass wir die neue pro-europäische Regierung bilden werden", sagte er auf einer Pressekonferenz in Podgorica. Um künftig regieren zu können, wird die PES jedoch Partner brauchen. Die ebenfalls pro-europäisch eingestellte Demokratisch-Sozialistische Partei (DPS), die Montenegro von 1990 bis 2020 regiert hatte, hat Spajic ausgeschlossen.
Hoffnung auf ein Ende der politischen Krise
Die Parlamentswahl folgt auf die Präsidentenwahl im April, bei der der ehemalige DPS-Chef Milo Djukanovic nach Jahrzehnten als Staatschef oder Ministerpräsident des einst zu Jugoslawien gehörenden Landes abgewählt worden war. Er hatte Montenegro 2006 in die Unabhängigkeit vom Nachfolgestaat Jugoslawiens, Serbien und Montenegro, und 2017 in die NATO geführt. Zugleich stand er wegen Korruption und Misswirtschaft in der Kritik.
Mit der Abstimmung vom Sonntag verbindet sich die Hoffnung auf ein Ende der schon seit längerem in Montenegro andauernden politischen Krise. Immer wieder kam es zu Misstrauensvoten und Auseinandersetzungen zwischen dem damaligen Präsidenten Djukanovic und Abgeordneten. Mitte März hatte Djukanovic das Parlament aufgelöst und vorgezogene Parlamentswahlen angesetzt.
rb/ack (AFP, dpa, Reuters)