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Prozess gegen Ex-SS-Mann eingestellt

8. Januar 2014

Die Anklage lautete auf Mord. Der ehemalige SS-Mann Siert Bruins wurde beschuldigt, 1944 in den Niederlanden einen Häftling erschossen zu haben. Das Landgericht Hagen stellte das Verfahren gegen den 92-Jährigen ein.

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Der Angeklagte Siert Bruins (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Einer der wohl letzten NS-Kriegsverbrecherprozesse ist ohne Urteilsspruch zu Ende gegangen. Das Landgericht Hagen stellte das Verfahren gegen den früheren SS-Mann Siert Bruins ein. Richterin Heike Hartmann-Garschagen begründete dies mit dem großen zeitlichen Abstand zum Geschehen, das bei der Würdigung der Beweise eine besondere Vorsicht erfordere. In der langen Zeit seit dem Todesfall seien Beweise verloren gegangen, hieß es weiter. Zeugen zu befragen und zu hinterfragen sei weitgehend nicht mehr möglich gewesen.

Dem heute 92-Jährigen war die Ermordung des niederländischen Widerstandskämpfers Aldert Klaas Dijkema zur Last gelegt worden. Bruins soll im September 1944 zusammen mit einem Vorgesetzten des Grenz- und Sicherheitspostens Delfzijl den Gefangenen hinterrücks erschossen haben. Die Verteidigung forderte einen Freispruch, weil Bruins von dem Vorhaben der Vorgesetzten nichts gewusst und auch nicht selbst geschossen habe. Bruins bestritt die Tat.

Staatsanwälte: Merkmale der Heimtücke

Noch im Dezember hatte die Staatsanwaltschaft Hagen in dem Verfahren wegen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe beantragt. Aufgrund der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass sich der Angeklagte des Mordes an dem Widerstandskämpfer schuldig gemacht habe. Der Angeklagte, der im Krieg dem Sicherheitsdienst der Nazis im niederländischen Delfzijl angehörte, habe zumindest die Erschießung mit ermöglicht und sich damit zum Mittäter eines Mordes gemacht. Zudem weise die Tat Merkmale der Heimtücke auf, erklärte die Staatsanwaltschaft.

Frühere Ermittlungen gegen Bruins wegen Totschlags waren 1978 wegen Verjährung eingestellt worden. Bereits 1949 war Bruins von einem niederländischen Sondergerichtshof wegen drei Erschießungen in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Später wurde das Urteil in lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt.

Von Wiesenthal aufgespürt

Hagener NS-Prozess: Angeklagter schweigt

Nachdem Bruins jahrzehntelang unbehelligt am südöstlichen Rand des Ruhrgebiets gelebt hatte, spürte ihn der Nazi-Jäger Simon Wiesenthal dort 1978 in der sauerländischen Kleinstadt Breckerfeld auf. Seinen Namen hatte er geändert. Das Oberlandesgericht Hamm lehnte seine Auslieferung an die Niederlande seinerzeit ab, weil er seit 1943 Deutscher sei. Grundlage für den Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft während der deutschen Besatzung der Niederlande war ein Erlass Adolf Hitlers.

Das Landgericht Hagen verurteilte Bruins jedoch 1980 wegen Beihilfe zum Mord an zwei jüdischen Brüdern im April 1945 - ebenfalls in Delfzijl - zu sieben Jahren Gefängnis, von denen er fünf verbüßte.

Anklage wegen Oradour

Derweil hob die Staatsanwaltschaft Dortmund Anklage gegen einen 88 Jahre alten Kölner, der im Juni 1944 in Frankreich an der Ermordung von 624 Einwohnern des Ortes Oradour-sur-Glane beteiligt gewesen sein soll. Dem Mann wird gemeinschaftlich begangener Mord an 25 Menschen und Beihilfe zum Mord an mehreren hundert Menschen vorgeworfen. Wie das Landgericht Köln mitteilte, soll der Rentner einem SS-Panzergrenadier-Regiments angehört haben. Weil der Mann zur Tatzeit erst 19 Jahre alt war, muss eine Strafkammer des Landgerichts nun als Jugendkammer darüber entscheiden, ob das Hauptverfahren eröffnet wird.

kle/sc (epd, dpa)