Mordanklage gegen mutmaßliche Rechtsterroristin
8. November 2012Zschäpe wird des Mordes und der Bildung einer terroristischen Vereinigung beschuldigt. Das bestätigten die Verteidiger Zschäpes gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Ihr wird die Mittäterschaft an zehn Morden, 15 Banküberfällen und einem Sprengstoffanschlag vorgeworfen. Da sich ihre beiden Komplizen im November 2011 das Leben genommen hatten, gilt sie als einzige Überlebende des NSU-Terror-Trios.
Bereits vor fast drei Monaten, ein Jahr nach Aufdeckung der Mordserie, hatte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich in einer Bundestagsdebatte erklärt: "Die Anklage ist erhoben, die Aufklärung geht voran."
Am 4. November 2011 war in Eisenach ein Wohnmobil in Flammen aufgegangen, in dem Polizisten zwei Bankräuber stellen wollten. Darin fanden sie die Leichen der beiden Männer, die sich erschossen hatten - die beiden Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Tage später stellte sich deren Komplizin Beate Zschäpe. Die Details, die in den Wochen danach ans Licht kamen, schockierten Deutschland. Jahrelang hatte das Terror-Trio Kleinunternehmer aus der Türkei und Griechenland am hellichten Tag in ihren Läden erschossen, eine Polizistin ermordet und in einer belebten Straße in einem Kölner Einwandererviertel eine Bombe gezündet. Mehr als zehn Jahre lang blieben sie unentdeckt. Die Polizei war in ihren Ermittlungen Hinweisen auf einen rechtsextremen Hintergrund der Taten nicht nachgegangen. Stattdessen vermuteten die Behörden organisierte Kriminalität mit ausländischem Hintergrund – die Ermittlungskommission trug den Namen "Bosporus".
"Ermittlungen mit rassistischen Zügen"
"Hier hat der deutsche Staat eine schwere Schuld auf sich geladen", sagte Grünen-Politiker Wolfgang Wieland im November. Petra Pau von der Linkspartei sprach von "einseitigen Ermittlungen", die "rassistische Züge tragen". Auch Vertreter der Regierungskoalition zeigten sich ein Jahr später immer noch entsetzt: "Wir reden von einem gravierenden Vertrauensverlust in die Fähigkeiten der Sicherheitsbehörden", sagte Hartfrid Wolff von den Freidemokraten. Hans-Peter Uhl (CSU) warnte dagegen davor, den Behörden Rassismus zu unterstellen: "Dieser Staat ist nicht auf dem rechten Auge blind. Er war es nicht. Er ist es nicht. Und er darf es niemals werden."
Genau diesen Vorwurf hatte zuletzt der Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, geäußert. Viele Bürger fragten sich, "ob der Wille zur Aufklärung wirklich vorhanden ist". Es gebe in Deutschland ein "riesiges Rassismusproblem". Auch die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Hinterbliebenen der NSU-Opfer, Barbara John (SPD), hatte das "Eigenleben" der Ermittlungsbehörden kritisiert.