Mythos Romy
22. September 2008Schon lange ist sie ein Mythos. Dazu haben die vielen Schicksalsschläge im Leben der sensiblen Schauspielerin beigetragen ebenso wie ihr früher Tod. Auch ihr angeblicher "Verrat", den man ihr in Deutschland vorwarf als sie nach den "Sissi"-Erfolgen das Land gen Frankreich verließ um ihrem Rollenimage zu entkommen, gehören zu diesem Mythos. Romy Schneider war für die einen die süße Darstellerin der Elisabeth von Bayern in der "Sissi"-Trilogie, für die anderen eine wandlungsfähige und vielseitige Filmschauspielerin. Romy Schneider fasziniert bis heute - auch viele Autoren und Biografen, die immer neue Romy Schneider-Bücher auf den Markt werfen.
Romy und ihre Familie
In Jürgen Trimborns neuem Romy-Schneider-Buch "Romy und ihre Familie" geht es dem Autor vor allem um den Einfluss der Familienmitglieder auf den Werdegang der Schauspielerin. In den einzelnen Kapiteln widmet sich Trimborn unter anderem den Eltern Magda Schneider und Wolf Albach-Retty und deren Verstrickungen in den Nationalsozialismus. Stiefvater Hans-Herbert Blatzheim kommt dagegen besser weg. Erwähnt wird etwa sein Versuch, die jüdischen Mitarbeíter seiner gastronomischen Betriebe zu schützen. Andere Kapitel beschäftigen sich mit Romys Ehemännern Harry Meyen und Daniel Biasini.
Arbeitswut als Ablenkung
Legendär war Romy Schneiders Arbeitswut. In manchen Jahren wirkte sie in vier Filmen mit. Die vielen Drehs und die immer wieder neuen Affären auf dem Set dienten auch als Ablenkung. So eindrucksvoll sie vor den Filmkameras agierte - ihr Privatleben bekam sie nicht in den Griff. Immer wieder kam es zu Trennungen, immer öfter griff sie zum Alkohol und zu Tabletten. Hinzu kamen Schicksalsschläge wie der grausame Tod ihres Sohnes. So sind viele der Romy Schneider-Filme heute nur noch wegen ihrer Mitwirkung bemerkenswert. Andere haben Filmgeschichte geschrieben. Drei neue DVDs geben einen guten Überblick über Höhen und Tiefen in Romy Schneiders Filmografie:
Der Prozeß (1962)
Die Kafka-Verfilmung "Der Prozeß" ist eines jener Werke Romy Schneiders aus der Zeit, in der ihr die internationale Filmwelt offen stand. Regiegenie Orson Welles gab ihr damals die Rolle der erotischen Leni, für die sich der von Welles gespielte Anwalt mehr interessierte als für den eigentlichen Prozess.Später sagte Romy Schneider über den Regisseur einen Satz, der wohl auch auf sie zutraf: "Wenn man entschlossen ist, immer das zu machen, was man machen will, muß man eben den Preis dafür zahlen." Biograf Günter Krenn schreibt: "´Der Prozeß´wird von Schneider stets als einer ihrer wichtigsten Filme bezeichnet. Erst für folgende Generationen wird er zum Kultfilm. Leni ist eine jener Rollen, die ihr in Deutschland zu jener Zeit nicht angeboten werden, für sie erhält sie die erste internationale Auszeichnung, den ´Kristallstern´ der Pariser Académie du Cinéma."
La Califfa (1970)
Ein typischer 70er-Jahre-Film mit vielen Zooms und eingängiger Ennio Morricone-Musik. Romy Schneider spielt eine schöne Witwe, die die Arbeiter einer vom Konkurs bedrohten Fabrik in Norditalien zum Streik aufruft. Dessen Chef verliebt sich in die junge Frau, nähert sich der Arbeiterschaft an und bekommt dadurch Schwierigkeiten. Romy Schneider nach ihrem Engagement: "Kaum hatten die Dreharbeiten zu ´La Califfa´ begonnen, war ich schon splitternackt für eine Liebesszene. Ich frage mich, ob das ein Trick der italienischen Regisseure ist, um ihren Schauspieleren von Anfang an die Befangenheit zu nehmen." Das ´Lexikon des internationalen Films´ urteilte wenig gnädig: "Zur Bettgeschichte entartetes Drama auf dem Hintergrund schwerer sozialer Unruhen in Norditalien."
Gruppenbild mit Dame (1976/77)
Wenig schmeichelhaft ging die Kritik auch mit der Böll-Verfilmung ´Gruppenbild mit Dame´ um, die immerhin ihre Uraufführung bei den Filmfestspielen in Cannes erlebte. Die Wochenzeitung "Die Zeit" schrieb damals: "Das Werk eines filmischen Analphabeten, die qualvolle Hinrichtung eines Romans von Heinrich Böll...ein beispielloses Ärgernis." Ein hartes Urteil, war der aus Jugoslawien stammede Regisseur Aleksandar Petrovic zuvor immerhin zweimal für den Oscar nominiert und in Cannes ausgezeichnet worden. Doch mit dem Böll-Roman kam er nicht zurecht. Romy Schneider hingegen ist auch in diesem Film sehenswert. Für ihre Leistung erhielt sie 1977 den Bundesfilmpreis in Gold. Der Versuch eines Comebacks in Deutschland war damit jedoch misslungen. Sie flüchtete wieder nach Frankreich.
Romy als Kinoheldin
Zu jedem guten Mythos gehört auch das Kino. Gleich zweimal steht der Star jetzt im Mittelpunkt eines Films. Als internationale Großproduktion mit einem Budget von 23 Millionen Euro und der deutschen Soap-Darstellerin und Sängerin Yvonne Catterfeld ist der Film "Eine Frau wie Romy" angelegt. Der deutsche Hollywood-Regisseur Joseph Rusnak plant nach eigenen Angaben ein "Zeit- und Sittenbild", der Film soll im Herbst 2009 in die Kinos kommen und möglicherweise bei den Festspielen in Cannes uraufgeführt werden. Eine Nummer kleiner ist die Fernsehproduktion "Romy" mit Jessica Schwarz in der Titelrolle. Dafür darf man von TV-Profi Thorsten C. Fischer zumindest solide Unterhaltung erwarten. Sendetermin hier: das Frühjahr 2009. Eines steht zumindest jetzt schon fest. Die Filme werden nichts am Mythos Romy Schneider ändern und wohl auch kein anderes Bild von der Schauspielerin zeichnen.
Das neue Buch von Jürgen Trimborn "Romy und ihre Familie" ist im Droemer-Verlag erschienen, die im Frühjahr herausgekommene Biografie von Günter Krenn bei Aufbau. Eine weitere kurze Biografie über Romy Schneider von Thilo Wydra liegt bei Suhrkamp vor. Die DVDs "La Califfa" und "Gruppenbild mit Dame" sind beim Anbieter ´Kinowelt/Arthaus´ erschienen, "Der Prozeß" bei ´Universal´.