Männliche Hirne, weibliche Hirne
30. November 2015Die meisten Menschen haben sowohl als weiblich als auch als männlich geltende Merkmale in ihrer Hirnstruktur. Das haben Wissenschaftler durch die Analyse der Gehirne von 1400 Probanden nachgewiesen.
Das Forscherteam um Daphna Joel von der Universität Tel Aviv, an dem auch die deutsche Forscherin Daniel Margulies vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig beteiligt war, hatten Kernspintomographie-Aufnahmen der Probanden nach bestimmten Merkmalen analysiert.
Wie ist die Hirnsubstanz beschaffen und wie ist sie vernetzt?
Besonderes Augenmerk richteten sie dabei auf zwei Dinge: Einerseits auf Bereiche in der grauen und weißen Substanz des Gehirns, deren Ausprägung als spezifisch für Unterschiede zwischen Männern und Frauen gelten - das sind vor allem solche Bereiche der Hirnsubstanz in denen Überschneidungen typischerweise sehr gering sind. Weiße und graue Hirnsubstanz sind verschiedene Komponenten des Nervensystems, die aus spezifischen unterschiedlichen Zelltypen bestehen.
Zweitens untersuchten die Forscher die Stärke der Verknüpfungen zwischen verschiedenen Hirnbereichen. Dann bewerteten sie einzelne Gehirne danach, inwieweit sie in den betreffenden Bereichen weibliche oder männliche Merkmale besitzen.
"Reine" Männer und "reine" Frauen sind in der Minderheit
Heraus kam ein unklares Bild: In Bezug auf die graue Hirnsubstanz wiesen zum Beispiel nur etwa sechs Prozent der Probanden durchgängig weibliche oder durchgängig männliche Charakteristika auf. In der Regel waren die Ergebnisse durchmischt und glichen eher einem Mosaik: So fanden sich in der Regel bei Frauen auch männliche Merkmale und bei Männern auch weibliche Merkmale.
Die Forscher haben ihre Studie am Montag in der Fachzeitschrift "Proceedings", der Nationalen Akademie der Wissenschaften der USA, veröffentlicht.
Die Erkenntnisse decken sich nach Ansicht des Forscherteams mit Studien zu Verhaltens- oder Persönlichkeitsunterschieden zwischen Männern und Frauen. Auch hier lasse sich eine Mehrheit oft nicht eindeutig bestimmten Merkmalen oder Vorlieben zuordnen.
Und wie steht es um die Kommunikation der Hirnhälften?
Dem widerspricht indes eine frühere Studie, die ebenso in Proceedings veröffentlicht worden war. 2013 kamen Forscher um Madhura Ingalhalikar von der University of Pennsylvania in Philadelphia zu dem Ergebnis, dass es deutliche Unterschiede in der Verknüpfung der Hirnhälften gebe.
So besäßen Frauen in weiten Teilen des Gehirns besonders viele Kontakte zwischen den beiden Hirnhälften, während die Männer mehr Verknüpfungen innerhalb der einzelnen Gehirnhälften aufwiesen. Diese anatomischen Unterschiede könnten möglicherweise erklären, warum Männer ihre Wahrnehmungen besser in koordinierte Handlungen umsetzten könnten, Frauen hingegen besser analytische und intuitive Informationen miteinander verbinden könnten.
fs/hf (dpa)