Wie weiter mit der Gates-Stiftung?
4. Mai 2021Sie gehörten wohl zu den einflussreichsten Paaren der Welt: Bill und Melinda Gates. Mit einer identischen Twitter-Stellungnahme haben der milliardenschwere Microsoft-Gründer und seine Frau nun die Scheidung nach 27 Ehejahren bekannt gegeben. "Nach reiflicher Überlegung und viel Arbeit an unserer Beziehung haben wir beschlossen, unsere Ehe zu beenden“, schrieben sie am Montag (Ortszeit). Gründe für die Trennung wurden nicht genannt.
Doch auch wenn sie privat getrennte Wege gehen: Ihre Stiftung - die Bill und Melinda Gates Foundation - wollen sie gemeinsam fortführen und damit ihren großen Einfluss weiter fortsetzen. "In den zurückliegenden 27 Jahren haben wir drei unglaubliche Kinder großgezogen und eine Stiftung aufgebaut, die sich weltweit dafür einsetzt, den Menschen ein gesundes und produktives Leben zu ermöglichen", erklärten die beiden weiter. Diese Mission würden sie zusammen weiter vorantreiben, hieß es. Die Stiftung gilt als größter Geber im Gesundheitsbereich.
Ein Superreicher gibt ab
Gates ist derzeit der viertreichste Mensch der Welt, sein Vermögen wird auf rund 120 Milliarden US-Dollar geschätzt. 2008 stieg er aus dem operativen Geschäft von Microsoft weitestgehend aus. Gemeinsam mit seiner Noch-Ehefrau hatte er bereits einige Jahre zuvor eine der größten wohltätigen Privatstiftungen der Welt gegründet, das Kapital beträgt fast 47 Milliarden US-Dollar. Ein großer Teil des Geldes kommt von Gates selbst. 1999 spendete er ein Drittel seines Vermögens, rund 28 Milliarden US-Dollar. Zudem kündigte er an, künftig 95 Prozent seines Vermögens an sie abzugeben. Auch Großinvestor Warren Buffet trug einen beträchtlichen Teil bei.
Die Stiftung konzentriert sich dabei auf drei Bereiche: Bekämpfung von extremem Hunger und der Förderung von Bildung und Gesundheit. Das Geld fließt in viele Hilfsprojekte weltweit sowie in die WHO. Ein bekanntes Projekt war beispielsweise Gates "Toilettenrevolution". Viele Jahre steckten Gates und seine Frau über ihre Stiftung mehr als 200 Millionen US-Dollar in die technische Entwicklung von Toiletten, die kein Wasser zum Spülen und keine Kanalisation brauchen, um so zu den Zugang zu Sanitäranlagen weltweit zu erleichtern.
Auch bei der Suche nach einem Impfstoff gegen das Coronavirus engagierte sich Gates und investierte Geld in sieben aussichtsreiche Kandidaten, unter anderem die deutsche Biotech-Firma CureVac. Schon seit Jahren warnte Gates vor Epidemien. Insgesamt steckte Gates laut "New York Times" mehr als eine Milliarde Dollar in die Pandemiebekämpfung. Erwirtschaftet werden die Gelder in einem Trust, in die Unternehmen wie Caterpillar und Walmart investieren.
Geldverdienen mit Agrarriesen?
Doch für sein Engagement erntete Gates auch Kritik. Ihm wird beispielsweise vorgeworfen, zu eng mit umstrittenen Agrarunternehmen wie Monsanto zusammen zu arbeiten, deren Unkrautvernichter von Kritikern als angeblich gesundheitsschädlich und krebserregend eingestuft werden. Aber auch die enge Vernetzung mit Hilfsorganisationen und Staatsoberhäuptern wird kritisch gesehen und teilweise als intransparent und undemokratisch eingestuft.
In der Coronakrise rankten sich auch viele Verschwörungstheorien um das Tun von Gates, er wolle angeblich mit Mikrochips die Menschheit kontrollieren. Gates selber reagierte gelassen und sprach in Medien von "komischen Sichtweisen".
Wie geht es weiter?
Bislang teilt sich Gates mit seiner Noch-Ehefrau und Großinvestor und Multimilliardär Warren Buffet den Vorsitz. "Wir teilen weiterhin den Glauben an diese Mission und werden weiter in der Stiftung zusammenarbeiten", erklärten sie. Doch möglicherweise könnte die Scheidung zwischen den Eheleuten Gates auch die Finanzierung verändern.
"Die Scheidung des wichtigsten Paares der Philanthropie wirft alle möglichen Fragen zur Zukunft der Stiftung und sogar zur Zukunft der Philanthropie auf", schrieb der Stanford-Politologe Bob Reich auf Twitter. In einer Stellungnahme der Stiftung heißt es bislang: "Sie werden weiter zusammenarbeiten, um die Strategie der Stiftung zu formulieren und zu genehmigen, um sich für die Anliegen der Stiftung einzusetzen und die Richtung der Organisation vorzugeben."
Monica Mazzei, Scheidungsanwältin in San Francisco, glaubt im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Bloomberg, dass die Zukunft der Stiftung stark davon abhängen werde, inwieweit die Gates planen, in Zukunft zusammenzuarbeiten."Selbst bei den einvernehmlichsten Scheidungen, die ich gesehen habe, war die Präferenz, die Stiftung in zwei Teile aufzuteilen, damit es mehr Autonomie und weniger Vermischung gibt."
Dass es möglicherweise Reibereien geben könnte, zeigt eine Anekdote um einen Newsletter der Stiftung. In ihrem 2019 erschienenen Buch berichtet Melinda Gates, wie sie mit Bill darüber stritt. Ursprünglich verfasste Bill den Newsletter allein, aber Melinda wollte ihn gemeinsam schreiben. 2013 stammte dann ein Absatz von Melinda, ein Jahr darauf etwas mehr, und schließlich wurde der Newsletter 2015 zum ersten Mal eine wirkliche Koproduktion der beiden.