Nachbarstaaten kritisieren Paraguay
23. Juni 2012Die argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner (auf dem Artikelbild mit Lugo) bezeichnete die Amtsenthebung Fernando Lugos als "Staatsstreich". "Das ist inakzeptabel. Die Amtsenthebung sei "ein Angriff auf die Institutionen" und wiederhole "eine Situation, von der wir geglaubt hatten, sie in Südamerika längst überwunden zu haben", sagte Kirchner in Buenos Aires. Der linksgerichtete Lugo war zuvor von beiden Häusern des Parlaments in Ascunción in einem Blitzverfahren abgesetzt worden. Der 61-Jährige wird unter anderem für den Tod von 17 Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen landlosen Bauern und der Polizei verantwortlich gemacht.
Linke Präsidenten erkennen Nachfolger nicht an
Die Organisation Amerikanischer Staaten nannte das Amtsenthebungsverfahren "etwas übereilt". Die Außenminister der Südamerikanischen Staaten-Union UNASUR sprachen von einer Bedrohung der demokratischen Ordnung. Schärfer reagierten die linken Staatschefs in der Region. Die Präsidenten von Ecuador und Venezuela, Rafael Correa und Hugo Chávez, nannten die Absetzung Lugos durch das Parlament in Asunción "illegitim". Correa sagte, sein Land werde keinen anderen Staatschef als Lugo anerkennen. Ähnlich äußerte sich Chávez. Der bolivianische Präsident Evo Morales sprach von einem "parlamentarischen Putsch" und kündigte ebenfalls an, keinen neuen Präsidenten in Paraguay anzuerkennen.
Am Freitag hatte der Senat Paraguays mit großer Mehrheit Lugo seines Amtes enthoben, nachdem zuvor schon das Unterhaus für die Absetzung des Präsidenten votiert hatte. Als Nachfolger wurde der bisherige Vizepräsident Federico Franco vereidigt. Er soll Paraguay bis zum Ende der ursprünglichen Amtszeit Lugos im April 2013 führen.
Die Abgeordneten hatten die Absetzung Lugos mit dessen politischer Mitverantwortung für den Tod von elf Landarbeitern und sechs Polizisten bei gewaltsamen Auseinandersetzungen um eine von landlosen Bauern besetzte Farm vor gut einer Woche begründet. Weiter wurde Lugo vorgeworfen, er habe die illegale Besetzung einer brasilianischen Sojafarm erlaubt und unerlaubterweise ein politisches Treffen linker Parteien auf einem Militärstützpunkt zugelassen. Zu Last gelegt wurden dem Präsidenten außerdem mangelnde Erfolge bei der Festnahme von Aufständischen und die Unterzeichnung eines internationalen Protokolls ohne entsprechende Zustimmung des Kongresses.
Im Fernsehen des südamerikanischen Landes nannte Lugo seine Absetzung einen Schlag gegen die Demokratie. Er akzeptiere dennoch das Votum des Parlaments. Der ehemalige katholische Bischof Lugo, ein Vertreter der linken "Theologie der Befreiung", stand gut vier Jahre an der Spitze Paraguays. Seine Amtsübernahme war ein historischer Machtwechsel und beendete mehr als sechs Jahrzehnte Herrschaft der Colorado-Partei. Lugos linksgerichtete Politik stieß jedoch zunehmend auf Widerstand auch in seiner eigenen Koalition.
wl/det (dpa, afp, dapd)