Sorge um syrische Chemiewaffen
23. April 2013
Düstere Mienen gab es beim Treffen der NATO-Außenminister am Dienstag (23.04.2013) in Brüssel. Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte, die Situation in Syrien habe sich "dramatisch verschlechtert": "Es ist unfassbar, was wir in Syrien sehen. Es ist eine wahre Tragödie, für das Land, für das syrische Volk, es ist eine Gefahr für die regionale Sicherheit und Stabilität." Präsident Baschar al-Assad solle die legitimen Anliegen des syrischen Volkes erfüllen, meinte Rasmussen, ohne direkt Assads Rücktritt zu fordern. Die Staatengemeinschaft müsse "eine sehr klare und einheitliche Botschaft an das syrische Regime senden". Doch wie uneinheitlich diese Botschaft klingt, das bekam man sogar im NATO-Hauptquartier in Brüssel mit. Denn im Rahmen des NATO-Russland-Rats war auch der russische Außenminister Sergej Lawrow anwesend. Dieser warf der syrischen Opposition vor, Versuche eines Dialogs mit der Regierung abzulehnen. Russland hält nach wie vor an Assad fest und blockiert zusammen mit China alle Versuche, auf UN-Ebene gegen Assad vorzugehen.
Kerry: Chemiewaffen könnten in falsche Hände fallen
Die NATO möchte ihre Rolle im Syrien-Konflikt streng auf die Verteidigung seines Mitglieds Türkei beschränken und nicht militärisch in Syrien intervenieren. Dazu gäbe es auch kein Mandat. Zum Schutz der Türkei hat das Bündnis zum Beispiel Abwehrraketen vom Typ Patriot an der türkisch-syrischen Grenze stationiert. Auch die deutsche Bundeswehr ist daran beteiligt. Aber Rasmussen warnte im Hinblick auf den Einsatz von Raketen in Syrien und Gerüchten über den Einsatz von Chemiewaffen: "Es gibt keine Aufforderung an die NATO, hier eine Rolle zu spielen, doch wenn diese Probleme ungelöst bleiben, könnten sie unsere eigene Sicherheit direkt bedrohen. Wir werden daher weiterhin äußerst wachsam sein." Der neue amerikanische Außenminister John Kerry, der zum ersten Mal in diesem Amt an einer NATO-Tagung teilnahm, mahnte, die NATO solle die Gefahr im Auge behalten, dass bei einem Zusammenbruch des Assad-Regimes Chemiewaffen in die Hände von Extremisten gerieten. Umso wichtiger sei der Dialog mit demokratisch gesinnten Gruppen und eine politische Lösung.
Deutschland macht bereits Zusagen für Afghanistan nach 2014
Kaum strittig bei der NATO ist dagegen das weitere Vorgehen in Afghanistan. Die NATO will ihren Kampfeinsatz dort bis Ende 2014 beenden. Aber auch danach will sie im Land bleiben, als Berater, Ausbilder und Unterstützer. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle sagte bei der NATO-Frühjahrstagung, das Bündnis wolle Afghanistan "nicht im Stich lassen und kein Vakuum hinterlassen". Sonst wäre die Gefahr zu groß, "dass dort wieder ein sicherer Hafen für Terrorismus wächst". Deutschland hat sich bereits jetzt, als erstes NATO-Land, festgelegt, in welchem Umfang es helfen will, nämlich mit zunächst 600 bis 800 Soldaten. Westerwelle meinte, das sei kein unangebrachtes Vorpreschen, sondern sei von den anderen "sehr positiv aufgenommen" worden. Es sei außerdem "für die anderen Länder wichtig zu wissen, wozu wir Deutsche bereit sind, damit sie ihrerseits auch beraten können, was aus ihrer Sicht beizutragen ist." Das wurde später von Kerry bestätigt, der Deutschland ausdrücklich für das Angebot dankte. Sein niederländischer Amtskollege Frans Timmermans meinte dagegen, seine Regierung werde in der Frage "den Entscheidungsprozess erst beginnen, wenn wir wissen, was die amerikanischen Pläne sind". Es dürfte noch Monate dauern, bis genaue Zahlen anderer Staaten feststehen.
Taliban dürfen grundsätzlich an Regierung beteiligt sein
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen schloss unterdessen einen politischen Versöhnungsprozess in Afghanistan auch unter Einschluss der Taliban nicht ganz aus. Drei Voraussetzungen müssten aber gegeben sein: Erstens müsse die afghanische Regierung dabei tonangebend sein. Zweitens müssten alle beteiligten Gruppen die demokratische afghanische Verfassung vollständig respektieren. Das schließe selbstverständlich die Achtung der Menschenrechte und der Rechte von Frauen ein. Und drittens müssten die Taliban sämtliche Verbindungen zu terroristischen Gruppen kappen. "Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, sollten wir der Sache eine Chance geben", so Rasmussen.