Nawalny wurde in Zivilkrankenhaus untersucht
22. April 2021Der in einem russischen Straflager inhaftierte Alexej Nawalny verweigert seit Ende März die Nahrungsaufnahme. Zuletzt gab es immer wieder Berichte darüber, dass sich sein Gesundheitszustand massiv verschlechtert hat. Nach Angaben seines Unterstützerteams wurde er inzwischen in ein Krankenhaus außerhalb des Gefangenenlagers gebracht. Untersucht worden sei er in der Stadt Wladimir östlich von Moskau, schrieb der Nawalny-Vertraute Leonid Wolkow bei Twitter.
Die Zeit drängt
Unabhängige Ärzte, zu denen Nawalnys persönliche Medizinerin Anastasia Wassiljewa und der Kardiologe Jaroslaw Aschichmin zählen, appellierten danach in einem im regierungskritischen Medium "Mediasona" veröffentlichten Brief an den 44-Jährigen, er solle seinen Hungerstreik sofort beenden. Sollte er weiterhin die Nahrungsaufnahme verweigern, drohten ihm "erhebliche" Gesundheitsschäden oder sogar der Tod, warnten die fünf Unterzeichner des Briefs. Die Ärzte warnten unter anderem vor einem möglichen Nierenversagen, schweren neurologischen Schäden sowie vor einer schweren Hyponatriämie - einer Form von Elektrolytstörung - bei Nawalny.
"Wenn der Hungerstreik auch nur noch kürzeste Zeit andauert, werden wir leider niemanden mehr haben, den wir heilen können", mahnten sie. Die Ärzte appellierten an die Behörden, ihnen Zugang zu ihrem Patienten zu gewähren und Nawalny in ein Krankenhaus in Moskau zu verlegen, um dort eine unabhängige medizinische Versorgung zu gewährleisten.
Die Mediziner haben nach eigenen Angaben die Untersuchungsergebnisse aus der Klinik in Wladimir ausgewertet. Die Untersuchungen seien bereits am Dienstag durchgeführt worden.
Nawalny klagte zuletzt über Rückenleiden, Lähmungserscheinungen in den Gliedmaßen, Fieber und Husten. Seinen Hungerstreik hatte er damit begründet, dass die Verwaltung des Straflagers ihm eine angemessene medizinische Versorgung verwehre.
Europarats-Gremium fordert sofortige Freilassung Nawalnys
Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat die sofortige Freilassung des Kremlgegners gefordert. Bis es soweit sei, solle er die notwendige medizinische Pflege und einen Arzt seiner Wahl erhalten, heißt es in einer am Donnerstag verabschiedeten Resolution. Dass Nawalny bisher offensichtlich keine angemessene medizinische Versorgung erhalte, könne Fragen bezüglich seines Rechts auf Schutz vor unmenschlicher und erniedrigender Behandlung aufwerfen. Ein Team aus dem Europarat solle sich Nawalnys Haftbedingungen vor Ort ansehen.
Erst am Mittwoch hatten Unterstützer bei landesweiten Protesten in Russland einen Zugang von unabhängigen Ärzten zu Nawalny gefordert.
qu/rb (dpa, afp)