Nepals Maoisten wollen an die Macht
1. Juli 2010Mehr als zehn Jahre lang - von 1996 bis 2007 - hatten die Maoisten der Vereinigten Kommunistische Partei Nepals für die Abschaffung der Monarchie im Himalaya-Staat gekämpft. Erst gewaltsam, nach einem Staatsstreich des Königs Gyanendra Anfang 2005 friedlich im Zusammenschluss mit den anderen Parteien des Parlaments in Kathmandu. Vor zwei Jahren hatten sie endlich Erfolg. Am 24. Dezember 2007 wurde das seit 300 Jahren existierende Königshaus abgeschafft und die Errichtung einer parlamentarischen Demokratie beschlossen.
Tief zerstrittene Parteien
So weit, so gut. Doch von Beginn an steckte die junge Republik in der Krise. Öffentliche Streiks behindern das Alltagsleben. Streitigkeiten zwischen den Maoisten, dem nepalesischen Militär und den althergebrachten politischen Kräften lähmen das Land. Eigentlich sollte eine vor zwei Jahren gewählte Versammlung bis Ende Mai 2010 eine demokratische Verfassung für das Land vorlegen. Aber die Parteien im nepalesischen Parlament sind tief zerstritten. So tief, dass sie sich bislang nicht einmal auf einen groben Entwurf verständigen konnten.
Noch vor einem Monat hatte es so ausgesehen, als könne die Krise beigelegt werden: Im Mai hatten sich die drei wichtigsten Parteien des Landes auf die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit verständigt. Dabei hatten sie auch beschlossen, das Mandat des Parlaments für die Vollendung einer neuen Verfassung erneut um ein Jahr zu verlängern. Doch schnell kam es zu heftigen Auseinandersetzungen über die genaue Ausgestaltung der Regierung; außerdem brachen zahlreiche Machtkämpfe zwischen den Spitzen der Parteien aus.
Premierminister zurückgetreten
Im Zuge dieser Machtspiele drängten die Maoisten - die stärkste Kraft im Parlament von Kathmandu - Ministerpräsident Madhav Kumar Nepal von der rivalisierenden marxistisch-leninistischen Partei zum Rücktritt. Am Mittwoch (30.06.2010) gab der Premier auf. Er wolle den Weg für eine Einheitsregierung unter Beteiligung der Maoisten freimachen, begründete Nepal seinen Schritt. Der 57-Jährige war erst seit Mai 2009 im Amt. Seine Regierung galt von Anfang an als schwach, bestand sie doch aus einer Koalition aus insgesamt 22 Parteien unter Ausschluss der Maoisten.
Nur einen Tag später erklärten die Maoisten, dass sie auf einen raschen Abschluss der Koalitonsverhandlungen mit anderen Parteien hoffen. "Wir möchten den politischen Stillstand so schnell wie möglich beenden und im Gespräch mit anderen Parteien eine Vereinbarung erreichen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Maoisten, Baburam Bhattarai.
Mehrere Parteien haben der Aufnahme von Gesprächen bereits zugestimmt, doch es ist ungewiss, ob sie auch in eine von den Maoisten geführte Regierung eintreten würden. Die Maoisten hatten die ersten freien Parlamentswahlen in Nepal 2008 zwar überraschend mit breiter Mehrheit gewonnen. Doch in den anderen Parteien gibt es bis heute große Vorbehalte gegen die ehemalige Rebellengruppe, die für den zehn Jahre langen blutigen Bürgerkrieg verantwortlich gemacht wird.
Präsident Rambaran Yadav hat nun alle Parteien aufgefordert, bis zum 7. Juli eine Übereinkunft zu treffen und eine neue Regierung zu bilden.
Autor: Thomas Latschan
Redaktion: Stephanie Gebert