Neuanfang für Mali?
14. August 2013An seinem Ziel ließ der 68-Jährige keinen Zweifel aufkommen: Er wolle unbedingt Präsident von Mali werden, betonte Ibrahim Boubacar Keïta (Artikelbild) wenige Tage vor der Stichwahl am vergangenen Sonntag. "Ich fordere von Euch eine klare Mehrheit, eine Mehrheit, über die nicht diskutiert wird!", rief er seinen Anhängern zu. Sie haben ihm diesen Wunsch erfüllt.
Keïtas Konkurrent um das höchste Staatsamt, der ehemalige malische Finanzminister Soumaila Cissé, räumte seine Niederlage bereits ein. "Ich habe ihn aufgesucht, um ihm zu gratulieren und ihm viel Glück für Mali zu wünschen", sagte der 63 Jahre alte Cissé, obwohl das offizielle Wahlergebnis noch gar nicht vorliegt. Aus der Hauptstadt Bamako hieß es allerdings, Keïta liege bei der Auszählung uneinholbar vorne.
Klare Mehrheit in der Hauptstadt Bamako
Besonders im Süden des Landes und vor allem in Bamako ist IBK - so wird Ibrahim Boubacar Keïta genannt - beliebt. Schon im ersten Wahlgang hatte er in allen Bezirken der Hauptstadt die absolute Mehrheit errungen. Gewählt haben ihn oft junge Leute, die von Keïta sagen, dass er ehrlich und gerecht sei und sich für sein Land einsetze. Auch viele Taxifahrer unterstützen ihn: "Ja, das ist richtig. Ich habe für IBK gestimmt", sagt Issa Konaté und zeigt stolz auf das Poster seines Lieblingskandidaten, das auf der Heckscheibe seines Taxis klebt: "IBK ist jemand mit sehr viel Erfahrung. Ich vertraue darauf, dass er tatsächlich hart für Mali arbeiten wird."
Engagement für sein Heimatland: Diese Karte hat IBK, der von 1994 bis 2000 Premierminister und von 2002 bis 2007 Parlamentspräsident war, gekonnt gespielt. Doch große Worte muss er darüber gar nicht verlieren. "Es ist ein Mann, der Ruhe ausstrahlt. Das signalisiert er mit seinem ganzen Körper. Bei uns ist das sehr wichtig", erklärt der Journalist Hamidou Konaté, Leiter des kommunalen Radios Jamana in Bamako. Genau das schaffe Vertrauen in Zeiten der Krise, die Mali nach den Wahlen überwinden wolle.
Vertreter des alten Malis
Für einen politischen Umbruch steht IBK, der in Dakar und Paris Geschichte, Politikwissenschaften und internationale Beziehungen studierte, allerdings nicht. Seit knapp zwei Jahrzehnten bewegt sich Keïta auf dem politischen Parkett. Zweimal versuchte er bereits, Präsident zu werden. Doch er scheiterte. Die Stichwahl am Sonntag war sein letzter Versuch, das Amt zu übernehmen.
International verfügt IBK über gute Kontakte: "Er ist bekannt in der Gebergemeinschaft und hat den Dialog mit uns immer gepflegt, auch als er keine Funktion hatte", sagt Richard Zink, Leiter der Delegation der Europäischen Union in Bamako. Die guten Kontakte dürften wichtiger sein denn je, denn seit dem Staatsstreich vom 22. März 2012 stagniert die Wirtschaft. Investitionen liegen auf Eis. Bei der großen Geberkonferenz in Brüssel im Mai 2013 hatte die Europäische Union 520 Millionen Euro Finanzhilfe für die Jahre 2013 und 2014 zugesagt. Geld, das das Land unbedingt benötigt, um wieder auf die Beine zu kommen.
Verhandlungsgeschick mit dem Norden notwendig
Im Land selbst hoffen aber viele Menschen noch auf etwas ganz anderes: Sie halten es für dringend erforderlich, mit der Befreiungsbewegung von Azawad, der MNLA, einen nachhaltigen Friedensvertrag auszuhandeln. In der der Stadt Kidal gab es in jüngster Zeit zwar keine Anschläge mehr, doch die gleichnamige Region gilt weiterhin als unruhig.
Weit oben auf der Aufgabenliste steht auch die Stärkung der malischen Armee. Teile der Soldaten hatten geputscht, weil sie nach eigenen Angaben nicht genug Unterstützung der Regierung bekommen hatten, um die Abspaltungsversuche im Norden unter Kontrolle zu bekommen. IBK wird nachgesagt, einen guten Draht zur Armee zu haben. Journalist Hamidou Konaté schmunzelt fast darüber: "Gute Kontakte haben sie doch alle", sagt er. Durch den Staatsstreich hätten die Politiker schließlich gelernt, wozu auch eine seit Jahren als schwach geltende Armee fähig sei. Im Zusammenhang mit dem Putsch sei IBK, so die Einschätzung Konatés, jedoch zweigleisig gefahren: "Er hat den Coup verurteilt, aber auch die Putschisten besucht."
Mit diesem Besuch grenzte sich Ibrahim Boubacar Keïta vom ehemaligen Präsidenten Amadou Toumani Touré ab. Schließlich putschten die Soldaten gegen Touré. Auch bei vielen Maliern stand ATT - so der Spitzname des einstigen Staatschefs - in seinen letzten Jahren nur noch für Stillstand, Korruption und den langsamen Zerfall des Landes. Keïta punktete bei der Stichwahl wohl letztlich damit, dass er sich rechtzeitig von der alten Führung des Landes distanzierte.