Neue EU-Kommission: Die wichtigsten Fakten
17. September 2024Nun hat Ursula von der Leyen, die alte und neue Präsidentin der EU-Kommission, in Straßburg im EU-Parlament ihr politisches Puzzle vorgestellt. Es sei nicht einfach gewesen, die Ressorts ausgewogen nach politischer Färbung, Regionen, Interessen und Geschlechtern zu verteilen, erklärte die Kommissionschefin.
"Alle EU-Mitgliedsstaaten hätten gerne ein wichtiges wirtschaftliches Portfolio bekommen, aber so viele gibt es davon eben nicht", so von der Leyen.
Ganz neu sind ein Verteidigungsressort, das an Andrius Kubilus (Litauen) geht, eine Kommissarin für das Mittelmeer in Gestalt von Dubravka Suica (Kroatien) und ein Kommissar für den Wohnungsbau, Dan Jorgensen (Dänemark).
Welche Ressorts gibt es noch in der neuen Kommission?
Neben den klassischen Ressorts wie Haushalt, Außenpolitik und Erweiterung der EU liegt der Schwerpunkt auf Kommissarinnen und Kommissaren, die sich mit Wettbewerbsfähigkeit, dem Binnenmarkt und Industriepolitik beschäftigen.
Das Ganze soll mit dem sogenannten Green Deal, also der Wende hin zu Klimaneutralität und nachhaltiger Energieerzeugung, verknüpft werden. Dazu gibt es ein eigenes Ressort, das der Niederländer Wopke Hoekstra führen wird.
Umstritten ist die Ernennung des rechtsextremen Italieners Raffaele Fitto zum geschäftsführenden Vizepräsidenten für Regionale Entwicklung, Investitionen und den Corona-Aufbaufonds. Fitto gehört der Partei "Fratelli d'Italia" von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni an.
Er ist der erste rechtsextreme Politiker auf einem solch einflussreichen Posten in der EU-Kommission. Angeblich hatte Ursula von der Leyen der italienischen Regierung aus Rechtsextremen und Christdemokraten zugesagt, dass Italien mit einem wichtigen Ressort bedacht würde.
Im Spektrum des Parlaments gilt Fitto noch als relativ gemäßigter Rechtsextremer aus der Gruppe "Konservative und Reformer". Noch weiter rechts stehen die Parlamentsgruppen "Patrioten für Europa" und "Europa der souveränen Nationen".
Wer ist für Menschen außerhalb der EU zuständig?
Der Kommissar für internationale Partnerschaften, Jozef Sikela (Tschechien), wird sich um Entwicklungshilfe und den Investitionsfonds "Global Gateway" kümmern, mit dem die EU-Kommission im globalen Süden punkten will.
Der Österreicher Markus Brunner, eigentlich ein Finanzpolitiker, wird für Migration zuständig sein. Er soll die neuen Asylverfahren der EU durchsetzen und die irreguläre Einwanderung begrenzen.
Die Erweiterungsverhandlungen mit den Staaten auf dem westlichen Balkan, der Türkei, der Ukraine und Moldau führt zukünftig die Slowenin Marta Kos. Sie soll sich auch um Wiederaufbau in der Ukraine nach dem russischen Angriffskrieg kümmern. Für die globale Außenpolitik wird die Hohe Beauftragte, Kaja Kallas (Estland), zuständig sein.
Wie läuft das Auswahlverfahren?
Die Regierungen der EU-Staaten schlagen jeweils einen Kandidaten oder eine Kandidatin vor. Die künftigen EU-Kommissare sind aber ausdrücklich – so ist es in den Europäischen Verträgen festgelegt – nicht Vertreter ihrer Nationalstaaten.
Per Amtseid werden sie ausdrücklich verpflichtet, europäische Interessen zu verfolgen. Die arbeiten dann als Kollegium zusammen. Die Präsidentin der Kommission hat völlig freie Hand, den Kandidaten ihre Ressorts und Zuständigkeiten zuzuweisen.
Im Vorfeld gibt es allerdings informelle Absprachen mit den Regierungen. Sechs Kommissare gehörten bereits der alten EU-Regierung an. 20 neue Gesichter werden in Brüssel erwartet. Viele davon ehemalige Minister oder Regierungschefs.
Wie ist die Struktur der neuen EU-Kommission?
Chefin ist Ursula von der Leyen. Sie amtiert seit 2019 und bleibt weitere fünf Jahre im Amt. Das hatten die Staats- und Regierungschefs der EU bestimmt. Das Parlament stimmte im Juli zu.
Von der Leyen setzt sechs geschäftsführende Vizepräsidenten ein. Dabei achtet sie darauf, dass die europäischen Regionen und die großen Parteifamilien proportional berücksichtigt sind.
Die Geschlechterparität hat die Kommissionspräsidentin, selbst die erste Frau in diesem Amt, noch nicht erreicht. Die Mitgliedsstaaten haben trotz mehrfacher Aufforderung 16 Männer und 11 Frauen nach Brüssel geschickt.
Bei ihren Vizepräsidenten hat von der Leyen den Spieß aber umgedreht. Hier stehen vier Frauen und nur zwei Männer an der Spitze.
Die EU-Kommissare werden alle fünf Jahre neu ernannt. Der Beamtenapparat der Kommission bleibt von diesen Wechseln an der politischen Spitze weitgehend unberührt.
Etwa 32.000 Beamte und Angestellte der Kommission und nachgeordneter Dienste arbeiten in 56 Generaldirektionen und Agenturen. Diese werden den neuen Kommissaren zugeordnet.
Wer die meisten und größten Direktionen bekommt, gilt in Brüssel als mächtig. Diese Strukturen sind vergleichbar mit den Ministerien in den Regierungen der Mitgliedsstaaten.
Wie geht es weiter?
Alle EU-Kommissarinnen und EU-Kommissare werden vom Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments durchleuchtet und vom zuständigen Fachausschuss des Parlaments drei Stunden angehört und befragt. Die Abgeordneten können Kandidaten zurückweisen oder einen anderen Zuschnitt des Portfolios verlangen.
Bei der letzten Kommissionsbildung wurden drei Kandidaten ausgetauscht. Abschließend stimmt das Plenum über die gesamte EU-Kommission ab. Wenn dann auch noch der Europäische Rat, die Vertretung der Mitgliedsstaaten, mit einer qualifizierten Mehrheit zustimmt, soll die zweite Von der Leyen-Kommission spätestens am 1. Dezember ihre fünf Jahre währende Amtszeit antreten.