Neue Hoffnung für das Nördliche Breitmaulnashorn
Fatu und Najin sind die letzten ihrer Art - einen Bullen gibt es nicht mehr. Durch künstliche Befruchtung will ein internationales Forscherteam das Nördliche Breitmaulnashorn vor dem Aussterben retten.
Trügerisches Idyll
Hier grasen die beiden weiblichen Nördlichen Breitmaulnashorn-Weibchen Najin (vorne) und Fatu (Mitte), im Hintergrund das Südliche Breitmaulnashorn Tauwo. Doch die Idylle im kenianischen Naturschutzgebiet täuscht: Najin und Fatu sind die letzten ihrer Art. Nur Wissenschaft und Medizin können die ausgerottete Art noch vor dem vollständigen Aussterben bewahren.
Von Wilderern ausgerottet
Diese imposanten Nördlichen Breitmaulnashörner lebten früher in großer Zahl in Ost- und Zentralafrika. Wilderer dezimierten aber den gesamten Bestand. Seit 2008 sind sie in freier Wildbahn bereits ausgestorben. 2018 musste das letzte überhaupt noch lebende Männchen namens Sudan wegen Altersschwäche eingeschläfert werden.
Erfolgreiche Premiere
Im August 2019 konnten Wissenschaftler – unter anderem aus Deutschland - den beiden Nashornweibchen Najin und Fatu in einem einzigartigen Eingriff insgesamt zehn Eizellen entnehmen. Italienische Experten haben diese mit gefrorenem Sperma des verstorbenen Männchens künstlich befruchtet. So konnten sie im Labor zwei lebensfähige Embryonen erzeugen.
Wir beschützen Dich!
Das Verfahren erwies sich als sicher und reproduzierbar. Mitte Dezember haben die Tierärzte das Prozedere wiederholt. Sie konnten einen weiteren Embryo erzeugen, was die Chancen auf eine erfolgreiche Nachkommenschaft deutlich erhöht. Die Zeit für die Eizellentnahme drängte, denn die Weibchen sind nicht mehr die jüngsten.
Enge Verbundenheit
Die Wächter und Pfleger haben zu Najin und Fatu eine sehr enge Beziehung aufgebaut. Vor der Eizellenentnahme und der dafür nötigen Trennung der beiden tröstet ihr Pfleger Zacharia Mutai die beiden mit kleinen Leckereien. Im Zoo frisst ein Nashorn täglich 50 kg Heu, 5 kg Hafer, 3 kg Pellets, 2 kg Möhren und 1 kg Äpfel.
Nicht nur medizinische Hürden
Möglich wurde die Rettungsaktion durch eine internationale Zusammenarbeit, bei der nicht nur die veterinärmedizinischen Herausforderungen, sondern auch zahlreiche bürokratische Hürden bei der Eizellen-Ausfuhr und dem Eingriff überwunden werden mussten. Jan Stejskal vom Zoo im tschechischen Dvůr Králové und Frank Göritz von Leibniz-IZW (links) vervollständigen hier die geforderten Genehmigungen.
Punktgenaue Schwerstarbeit
Nachdem die Beruhigungsmittel verabreicht wurden, arbeiteten Wächter und Pfleger Hand in Hand, um eine ideale Position für den Eingriff zu gewährleisten. Geprobt wurde der heikle Eingriff an Weibchen des artverwandten Südlichen Breitmaulnashorns. Von denen gibt es noch rund 20.000.
Alle mal anpacken!
Viele Hände sind nötig - von Forschern, Tierärzten und Pflegern. Das Veterinärteam kontrolliert die Tiere nach der Sedierung sorgfältig, damit der überlebenswichtige Eingriff ohne Risiko für die Tiere beginnen kann.
Routinierter Eingriff
Die Forscher führten die Eizellenentnahme mit einer speziell entwickelten Sonde unter Ultraschallführung durch. Die Anästhesie und die Eizellenentnahme verliefen reibungslos und ohne Komplikationen. Der heikle Eingriff glückte bei Najin und Fatu bereits zweimal. Wie zuvor auch mehrere Dutzende Male bei südlichen Breitmaulnashörnern in europäischen Zoos durch das BioRescue-Team.
Prüfender Blick
BioRescue-Projektleiter Prof. Thomas Hildebrandt (Leibniz-IZW) inspiziert die gesammelte Ovarienflüssigkeit, um die wertvollen Eizellen abzutrennen, die im Labor der Spezialfirma Avantea im italienischen Cremona befruchtet werden sollen.
Alles gut überstanden
Nachdem die Prozedur beendet ist, wird Najin aus der Sedierung zurückgeholt und beginnt langsam aufzustehen. Die Nashornkuh hat die Narkose und die Eizellenentnahme gut überstanden.
Samentransport nach Deutschland
Zusätzlich zur Eizellenentnahme wurde auch der Samen des letzten männlichen nördlichen Breitmaulnashorns für den Transport von Kenia nach Deutschland vorbereitet. In speziellen mit flüssigem Stickstoff gefüllten Transportbehältern gelangte das Sperma sicher zum Leibniz-IZW, wo seine Verwendbarkeit für zukünftige In-vitro-Embryonen untersucht wird.
Jetzt aber schnell!
Die entnommenen Eizellen sowie die tiefgefrorenen Samenproben mussten in kürzester Zeit aus Kenia nach Europa geflogen werden. Prof. Thomas Hildebrandt und Dr. Frank Göritz, beide vom Leibniz Institut für Zoo und Wildtierforschung, tragen den wertvollen Transportbehälter zum Flugzeug.
Zur Befruchtung nach Italien
In dem italienischen Labor wurden die kostbaren Eizellen künstlich befruchtet. Das verwendete Sperma wurde seit Jahren in flüssigem Stickstoff konserviert. Hier der Entwicklungsprozess des neu entstandenen Embryos im Geri-Inkubator.
Hoffnung für die Zukunft
In den nächsten Monaten sollen die Eizellen einer Südlichen Breitmaulnashorn-Kuh eingepflanzt werden - so wie diese mit ihrem Jungen. Sie soll dann ein Nördliches Breitmaulnashorn als Leihmutter austragen. Noch gibt es also Hoffnung, dass Nördliche Breitmaulnashörner nicht vollständig von unserem Planeten verschwinden.