Neue Welterbestätten
4. Juli 2015
Auf der Welterbeliste stehen derzeit knapp über 1000 Kultur- und Naturerbestätten aus 161 Ländern. Deutschland verzeichnet bislang 39 Welterbestätten.Die Blue Mountains bilden zusammen mit den angrenzenden John Crow Mountains den größten Nationalpark Jamaikas, so die UNESCO. Sie gehörten "aufgrund der außergewöhnlich hohen Anzahl endemischer Arten zu den globalen Hotspots der Biodiversität". Außerdem seien sie eng verbunden mit der Geschichte des Kampfs der Maroons gegen die Sklaverei. Die entkommenen Sklaven hatten sich in der britischen Kolonialzeit in den Bergwäldern den Kolonialherren widersetzt.
Lisa Hanna, Jamaikas Ministerin für Kultur und Jugend, dankte der UNESCO sichtlich bewegt. Der Inselstaat stehe nun nicht mehr nur für die Reggae-Kultur Bob Marleys und für die schnellsten Menschen der Welt mit Usain Bolt und Shelly-Ann Fraser-Pryce, sondern auch für die schützenswerte Kulturlandschaft der "Blue and John Crow Mountains". In der meist schwer zugänglichen Gebirgslandschaft haben sich seltene Tierarten und eine indigene Kultur erhalten, die, so versprach die Ministerin, durch den Welterbetitel auch dauerhaft etwa vor der Ausbeutung von Bodenschätzen geschützt werden könne.
Genau wie Jamaika kann sich auch Singapur über seine erste Welterbestätte freuen: Eingetragen wurde der Botanische Garten. Der südostasiatische Staat hatte sich erstmals Stätten für die Aufnahme in das prestigereiche Welterbe-Verzeichnis beworben.
Architektur aus Morgenland und Abendland
Zwei weitere Naturerbestätten wurden am Samstag (4.7.) von den UNESCO-Vertretern erweitert: die Schutzregion Cape Floral am Kap der Guten Hoffnung in Südafrika und der Nationalpark Phong Nha-Ke Bang im Zentrum Vietnams.
Die normanisch-arabische Altstadt von Palermo sowie die Kathedralen von Cefalú und Monreale in Italien wurden ebenfalls auf die Liste der Welterbestätte aufgenommen. Zur Aufnahme Palermos erklärte die UNESCO, dass die normannischen Herrscher, die von 1130 bis 1194 hier die Hauptstadt ihres Königreichs hatten, "bei ihren Kirchen- und Schlossbauten die Stilelemente aus Morgenland und Abendland" verwoben und damit "eine neuartige und unvergleichliche Architektur" geschaffen hätten – mit großem Einfluss auf die Architektur in Süditalien und dem Mittelmeerraum hatte.
Taufstätte, Höhlenhäuser, königliche Stätten und Felszeichnungen
Auch in Jordanien gab es Grund zum Feiern: Die Taufstätte Bethanien, wo nach biblischer Überlieferung Johannes der Täufer getauft wurde, ist seit der Antike ein christlicher Pilgerort und seit Freitag auch Weltkulturerbe. Die Ausgrabungen in der Region zählten "zu den wichtigsten archäologischen Entdeckungen des heutigen Jordaniens", erklärte die UNESCO bei ihrer 39. Konferenz.
Die rund 4000 Felszeichnungen von Ha'il am Rande der Wüste Nefud, die Menschen und Tiere, Jagdszenen, abstrakte Malereien und Inschriften zeigen, wurden ebenfalls in die Liste schützenswerten Welterbes aufgenommen. Die Zeichnungen aus der Jungsteinzeit, der Bronze- und Eisenzeit und der frühislamischen Zeit seien die "größten und reichhaltigsten Fundorte von Felsbildern auf der arabischen Halbinsel", so ein UNESCO-Sprecher. Die ältesten Bilder sind etwa 10.000 Jahre alt und stammen von Beduinen. Damals befand sich hier noch ein großer Binnensee.
Iran schaffte es gleich mit zwei Nominierungen auf die Liste: Weltkulturerbe sind nun die Stadt Susa mit ihrer 5000-jährigen Siedlungsgeschichte sowie das historische Höhlendorf Maymand. Seit Jahrtausenden sind die Höhlenhäuser permanent bewohnt.
Die chinesischen Tusi-Stätten, die ein Stammeshäuptlingssystem repräsentieren, schafften es ebenso auf die Welterbe-Liste wie die historischen Stätten der Baekje-Dynastie in Korea. Das Königreich Baekje beherrschte die koreanische Halbinsel während der "Zeit der drei Königreiche" zwischen dem ersten Jahrhundert vor Christus und dem sieben Jahrhundert nach Christus. zusammen mit den Häusern Silla und Goguryeo. Auf dem Höhepunkt seiner Macht reichte Baekje im Norden bis in die Region um Pjöngjang.
Entscheidung mit Spannung erwartet
Die UNESCO-Tagung in Bonn dauert bis Sonntag, den 5. Juli. Bis dahin werden noch weitere neue Welterbestätten benannt. In Deutschland sind die Hamburger Speicherstadt, der Naumburger Dom samt der "hochmittelalterlichen Herrschaftslandschaft an Saale und Unstrut" sowie gemeinsam mit nordeuropäischen Stätten mehrere Wikingerstätten nominiert.
Doch die Sammelbewerbung schaffte es im ersten Anlauf nicht auf die Welterbeliste. Die UNESCO bat um Nachbesserungen des Antrags. Der Internationale Denkmalrat ICOMOS äußerte Bedenken, ob mit sieben Stätten das gesamte Phänomen der Besiedlung und des Handels durch die Wikinger in Nordeuropa nachgewiesen werden könne. Letztlich sei das Konzept zu vage für ein so ehrgeiziges Projekt.
Über die beiden anderen deutschen Kandidaten für den Welterbestätte-Titel wird am Sonntag diskutiert. Vor allem der Speicherstadt werden große Chancen eingeräumt. Auf der Welterbeliste stehen derzeit knapp über 1000 Kultur- und Naturerbestätten aus 161 Ländern. Deutschland verzeichnet bislang 39 Welterbestätten.
suc/ak/pg (UNESCO, dpa)