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PolitikEuropa

EU-Abkommen: 7,4 Milliarden für Zusammenarbeit mit Ägypten

17. März 2024

Die EU und Ägypten haben eine Erklärung über ihre künftigen Beziehungen unterzeichnet. Dabei geht es um Migration, politische Zusammenarbeit, die ägyptische Wirtschaft - aber auch um Geopolitik.

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Das Foto zeigt die Europäische Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gemeinsam mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi bei einem Treffen in Kairo
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu Gast bei Präsident Abdel Fattah al-Sisi in KairoBild: Egyptian Presidency/AFP

"Der heutige Tag markiert einen historischen Meilenstein mit der Unterzeichnung unserer gemeinsamen Erklärung für eine strategische und umfassende Partnerschaft," freute sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einer Pressekonferenz in Kairo. Gemeinsam mit einer guten Handvoll europäischer Regierungschefs war sie über das Wochenende nach Ägypten gereist. Dort unterzeichnete von der Leyen gemeinsam mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi eine Erklärung über ein 7,4 Milliarden Euro schweres Partnerschaftsabkommen. 

Das soll den politischen Dialog zwischen dem nordafrikanischen Land und der Europäischen Union (EU) stärken, aber auch Reformen in dem wirtschaftlich angeschlagenen Land unterstützen. Bis 2027 sollen dafür fünf Milliarden Euro als Darlehen gewährt werden. Weitere 1,8 Milliarden Euro sollen in verschiedene Bereiche, wie etwa die Energiewende und den Ausbau des Datenverkehrs investiert werden. Insgesamt sollen 600 Millionen Euro als Zuschüsse gewährt werden.

Ursula von der Leyen neben dem ägyptischen Machthaber al-Sisi, begleitet vom österreichischen Kanzler Karl Nehammer, dem griechischen Premier Kyriakos Mitsotakis, dem zypriotischen Präsidenten Nikos Christodoulides, dem belgischen Premier Alexander De Croo und der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen mit den Teilnehmern ihrer Delegation in KairoBild: Dirk Waem/Belga/picture alliance

Außerdem soll im Bereich der Terrorismusbekämpfung und Migration zusammengearbeitet werden. Insbesondere sollen die Ursachen illegaler Migration bekämpft werden und legale Migrationswege in die EU ermöglicht werden. Für das Migrationsmanagement sind 200 Millionen Euro an Zuschüssen vorgesehen.

Migrationszusammenarbeit mit Ägypten

Bei diesem Abkommen handele es sich gerade mit Blick auf die Kooperation im Migrationsmanagement um nichts völlig Neues, sagt Victoria Rietig, Leiterin des Programms Migration bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, der DW. Denn die EU und Ägypten würden in diesem Bereich bereits seit mehreren Jahren zusammenarbeiten.

Bereits seit 2004 gibt es ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Ägypten, welches deren Beziehungen regelt. Insgesamt sind im Bereich des Migrationsmanagements laut EU-Kommission bislang 171 Millionen Euro bewilligt worden. Das Geld dient dazu, um Ägypten bei der Grenzverwaltung, der Bekämpfung von Menschenhandel und Schmuggel zu unterstützen und die freiwillige Rückkehr von Migranten zu fördern.

Archivbild von Präsident Abdel Fattah El-Sisi, auf einem Stuhl sitzend, gestikulierend
Abdel Fattah al-Sisi ist seit 2014 Präsident Ägyptens. Das Land kooperiert bereits länger mit der EU in Sachen Migrationsmanagement. (Archivbild) Bild: Jacquelyn Martin/Pool/AP Photo/picture alliance

Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) sind knapp eine halbe Million Menschen als Flüchtlinge in Ägypten registriert. Auch die Sorge vor zunehmenden Einreisen in die EU waren ein Grund für das neue Abkommen.

"Aus europäischer Sicht ist die Zusammenarbeit mit Ägypten im Bereich Migrationskontrolle eine größere Erfolgsgeschichte als mit anderen Ländern," erläutert Rietig gegenüber der DW. Dies liegt laut der Migrationsforscherin daran, dass "das ägyptische Regime in der Lage ist, mit viel stringenteren Kontrollen tatsächlich dafür zu sorgen, dass die Zahl der Boote, die von Ägypten aus ablegen, sehr gering ist." Grund dafür sei, dass es sich bei Ägypten um ein autoritäres Regime handle, das mit militärischen Mitteln und wenig Interesse an Menschenrechten vor Ort hart durchgreife, so Rietig.

Prekäre Lage bei den Menschenrechten

Ägypten wird seit 2014 durch den autoritären Machthaber Abdel Fattah al-Sisi regiert. Die in den USA ansässige Denkfabrik "Freedom House" beklagt die Verletzung von Menschenrechten. Dazu zählen zum Beispiel politisch motivierte Inhaftierungen sowie Beschränkungen der Pressefreiheit und des Versammlungsrechts. 

Anthony Dworkin, Senior Policy Fellow beim Thinktank "European Council on Foreign relations" (ECFR), hält die Menschenrechtslage in Ägypten für nach wie vor problematisch und besorgniserregend. Es habe zwar in letzter Zeit Versuche der ägyptischen Regierung gegeben, dies anders zu präsentieren, meint Dworkin. Aber von diesen sollten sich die europäischen Staaten nicht blenden lassen, sondern weiter auf Fortschritt drängen.

Gemüseverkäuferinnen in Kairo im Januar 2023 mit Obstkisten auf dem Kopf
Gemüseverkäuferinnen in Kairo im Januar 2023; Das Land strauchelt unter der hohen Inflation. Bild: Amr Nabil/AP Photo/picture alliance

Es ist nicht das erste Mal, dass die EU ein solches Abkommen mit einem Staat schließt, an dessen Einhaltung humanitärer Standards Zweifel bestehen. Vergangenes Jahr  hatte die EU eine vergleichbare Vereinbarung mit Tunesien getroffen, welches sich in der Umsetzung als problematisch erweist. Auch mit Mauretanien besteht ein Migrationsabkommen. 

Geopolitische Interessen der EU

Dennoch habe die EU gute Gründe für ihre Vereinbarung mit Ägypten. Diese seien vor allem geopolitischer Art, betont Rietig. "Wenn wir nicht mit Ägypten kooperieren, wer kooperiert denn dann mit Ägypten?", fragt die Migrationsforscherin im Gespräch mit der DW. Wenn Europa weniger mit dem Land zusammenarbeite, würde ein "geopolitisches Vakuum" entstehen, welches von Russland, China und den Golfstaaten gefüllt werde.

Erst zu Beginn dieses Monats hatte der Internationale Währungsfonds die Aufstockung eines Kredits für Ägypten auf acht Milliarden Dollar zugesagt, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Kurz zuvor hatten die Vereinigten Arabischen Emirate 35 Milliarden Dollar Investments in die ägyptische Wirtschaft angekündigt. Das Land befindet sich in einer Wirtschaftskrise und leidet unter hoher Inflation. 

Ein wichtiger Player im Nahost-Konflikt

Für Ägypten sei diese Kooperationen mit der EU nur eine von vielen, betont Rietig. Auch Dworkin meint, dass sich die EU vor allem ins Spiel bringen möchte. Aus seiner Sicht handelt es sich vor allem um ein wirtschaftliches Abkommen. Das diene auch dazu, die Rolle anzuerkennen, die Ägypten beim Migrationsmanagement spiele.

Darüber hinaus ist Ägypten momentan von herausgehobener geostrategischer Bedeutung für die EU. Denn das Land übernehme eine entscheidende Rolle für die Stabilität und Sicherheit in der Region, betonte von der Leyen am Sonntag. Ägypten grenzt im Süden an den Gazastreifen und will im Nahost-Konflikt vermitteln. Den "persönlichen Einsatz" al-Sisis für einen Waffenstillstand lobte Kommissionspräsidentin von der Leyen explizit.

 

DW Mitarbeiterin Lucia Schulten
Lucia Schulten Korrespondentin in Brüssel