Neues Schleier-Urteil
8. Januar 2014Als erstes europäisches Land hatte Frankreich im April 2011 das Tragen von Vollschleiern in der Öffentlichkeit verboten. Bei Verstößen droht Frauen eine Geldstrafe von bis zu 150 Euro. Zudem können sie zum Besuch eines Kurses in Staatsbürgerkunde verurteilt werden. Mittlerweile beschäftigt das Verbot auch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Sein Urteil steht noch aus.
Gegen die zum Islam konvertierte 20jährige verhängte das Gericht jetzt in Versailles auch eine einmonatige Bewährungsstrafe, weil sie aus Protest gegen eine Polizeikontrolle handgreiflich geworden war. Der Vorfall hatte im Juli im Pariser Vorort Trappes zu schweren Krawallen geführt. Hunderte von Menschen belagerten das Polizeirevier der rund 30.000 Einwohner zählenden Stadt. Sie warfen mit Steinen, zündeten Mülltonnen und Autos an und zerstörten Bushaltestellen. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein. Der Anwalt der Angeklagten hatte gefordert, den Fall vom französischen Verfassungsrat prüfen zu lassen. Dies lehnte das Gericht ab.
Situation in Belgien und Deutschland
In Belgien gilt ein Verhüllungsverbot seit Juli 2011. Wer dort sein Gesicht im öffentlichen Leben so verschleiert, dass er nicht mehr zu identifizieren ist, muss mit Strafen zwischen 15 und 25 Euro oder bis zu sieben Tage Gefängnis rechnen. In der Schweiz hat sich das Kanton Tessin in einer Volksabstimmung für ein Burka-Verbot ausgesprochen. Menschenrechtsorganisationen und Islamverbände protestierten heftig.
Deutsche Politiker halten sich in der Debatte zurück. Nach Ansicht von Betroffenen und Experten ist ein Verbot von Ganzkörperschleiern in der Bundesrepublik weder empfehlenswert noch vorstellbar. Als bisher einziges Bundesland erließ Hessen im Februar 2011 ein Burka-Verbot im öffentlichen Dienst.
Nikab und Burka
Der Ganzkörperschleier, der auch das Gesicht bedeckt, ist die strengste Form der Verhüllung des weiblichen Körpers im Islam. Unterschieden werden der Nikab mit Schlitzen für die Augen und die Burka, in der die Umwelt nur durch ein feinmaschiges Netz vor dem Gesicht wahrgenommen wird. Sie werden vor allem in den Staaten der arabischen Halbinsel und in Afghanistan getragen. Zuwanderinnen aus diesen Regionen tauchen in dieser Bekleidung inzwischen auch im Straßenbild europäischer Städte auf.
sd (dpa/afp)