Am Ende
13. Mai 2008Im Streit um die Wiedereinsetzung der von Präsident Pervez Musharraf entlassenen Richter in Pakistan sind alle Minister des kleineren Koalitionspartners aus der Regierung ausgetreten. Die neun Minister der Muslim-Liga (PML-N) des ehemaligen Premierministers Nawaz Sharif überreichten Dienstag (13.5.2008) Regierungschef Yusuf Raza Gilani ihre Rücktrittsschreiben.
Der Parteichef Nawaz Sharif hatte am Montag auf einer Pressekonferenz in Islamabad den Rückzug der Minister, unter ihnen auch Finanzminister Ishaq Dar, bereits angekündigt. Man habe sich mit der Pakistanischen Volkspartei (PPP) nicht über die Modalitäten der Wiedereinsetzung entlassener Richter einigen können.
Die 60 Richter, unter ihnen der Oberste Richter Iftikar Chaudry, waren von Präsident Pervez Musharraf im Herbst vergangenen Jahres ihrer Ämter enthoben worden. Musharraf fürchtete, sie könnten seine Wiederwahl wegen seiner Doppelfunktion als Armeechef und Präsident für illegal erklären. Sharif und der Bhutto-Witwer Asif Ali Zardari, der die PPP derzeit leitet, hatten sich im März darauf verständigt, die Richter wieder in ihre Ämter einzusetzen. Beide Seiten setzten sich eine erste Frist, die Ende April verstrich. Vor Ablauf der zweiten Frist am Montag zog die Nawaz-Partei die Konsequenz.
Vorwurf der Kungelei
Sie befürchtet ebenso wie die Bewegung der Anwälte, dass die PPP mit dem Musharraf-Lager heimlich zusammenarbeite, da sie stets neue Einwände gegen die Rückkehr der Richter vorbrachte. Die Richter hätten unter anderem über ein Dekret Musharrafs zu entscheiden, das der Korruption beschuldigte politische Führer amnestiert. Zu ihnen gehört auch der faktische PPP-Chef Zardari. An diesem Dienstag sprach der Oberste Gerichtshof der Provinz Sindh ihn sowie das PPP-Mitglied Hussain Haqqani vom Vorwurf mehrerer Zollvergehen frei. Haqqani wird als neuer pakistanischer Botschafter in den USA gehandelt.
Unsichere politische Zukunft
Dem Land steht nun nach den politischen Turbulenzen des vergangenen Jahres neue Unruhe bevor. Die Muslim-Liga will laut Sharif die Minderheitsregierung der PPP zwar grundsätzlich weiter unterstützen, allerdings - wie er sagte - von "Fall zu Fall". Die PPP geht davon aus, dass sie mit Unterstützung kleinerer Parteien, darunter auch Musharraf nahestehender Parteien, weiter regieren kann.
Außerdem, so eine PPP-Sprecherin, bleibe die Tür für die Muslim-Liga weiter offen. Die vakanten Ministerposten würden nicht neu besetzt. Die Muslim-Liga ihrerseits kündigte an, sie werde wieder in die Regierung zurückkehren, wenn die PPP "konkrete" Maßnahmen zur Wiedereinsetzung der Richter treffe. (hy)