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Nicht genügend Schlafplätze für Flüchtlinge

9. November 2015

Die Kommunen in Deutschland warnen schon lange, dass sie mit der Vielzahl von Flüchtlingen überfordert sind. Unter anderem fehlen Unterkünfte. Jetzt melden sie sich zum Koalitionsstreit zu Wort.

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Symbolbild Flüchtlinge Familiennachzug in Deutschland
Bild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel

In den deutschen Gemeinden fehlen einer Studie zufolge allein in diesem Jahr Unterbringungsplätze für rund 370.000 Flüchtlinge. Die Kommunen rechnen damit, 2015 insgesamt knapp 870.000 Migranten aufzunehmen, wie aus einer Umfrage des Wirtschaftsprüferunternehmens Ernst&Young hervorgeht. Derzeit stünden aber nur und 500.000 Plätze zur Verfügung. 300 größere Gemeinden wurden dafür befragt. Hauptsorge sei bei drei Viertel der Städte ein Mangel an geeigneten Räumen.

Improvisation statt mittelfristiger Planung

Vielerorts werde vor allem improvisiert, sagte Hans-Peter Busson von Ernst&Young. "Eine mittel- oder gar langfristige Planung findet in den Kommunen noch kaum statt - schon allein deshalb, weil unklar ist, wie sich die Flüchtlingszahlen in den kommenden Monaten entwickeln werden."

Bislang sind die meisten Flüchtlinge in Wohngebäuden oder in zuletzt ungenutzten Liegenschaften wie ehemaligen Schulen und Kasernen untergebracht. Einige Migranten leben in Wohncontainern.

Wegen der hohen Kosten zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms sparen jeweils rund ein Drittel der Kommunen an anderer Stelle oder verschieben Investitionen, wie die Studie ergab. Rund 85 Prozent planen demnach keine Steuer- oder Gebührenerhöhungen, um die Kosten zu finanzieren – 15 Prozent schließen das offenbar nicht aus. Gut jede vierte Kommune rechnet damit, 2015 zusätzliche Schulden machen zu müssen - im Westen sogar fast jede dritte.

Gemeinden unterstützen de Maizières Vorschlag

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat sich zu der hohen Zahl an Flüchtlingen geäußert - und die Forderung nach einer Begrenzung des Familiennachzugs von Migranten unterstützt. "Unsere Kapazitäten sind endlich. , sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Gerd Landsberg, der "Bild"-Zeitung.

Damit stellte sich Landsberg auf die Seite von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der vorgeschlagen hatte, Flüchtlingen aus Syrien lediglich den subsidiären Schutz, aber kein Asyl zu gewähren. Damit wäre ihre Aufenthalt begrenzt und ein Familiennachzug verboten. "Das ist keine dumme Idee", betonte Landsberg. Deutsche Sicherheitsbehörden rechnen nach "Bild"-Informationen mit vier bis acht Nachzüglern je Flüchtling. "Die Familien schicken die Starken und Leistungsfähigen vor. Aber irgendwann wollen die jungen Männer ihre Frauen und Kinder nachholen." Man müsse daher im Einzelfall genau prüfen, woher Flüchtlinge kämen, sagte Landsberg. Die Masse stamme aus Lagern in der Türkei, Jordanien oder dem Libanon. "Dort ist es nicht schön, aber politisch verfolgt wird dort niemand."

Streit in der Koalition

De Maizière hatte nach eigenen Angaben Anfang der Woche angeordnet, allen Syrern nur noch einen sogenannten "subsidiären" Schutz zu gewähren. Am Freitag teilten Regierungssprecher Steffen Seibert und auch de Maizière selbst nach Protesten des Koalitionspartners SPD mit, es bleibe beim Schutzstatus von Syrern vorerst alles wie bisher.

Auch die CDU-Parteispitze hat sich nun hinter Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gestellt. Es habe in der Sitzung am heutigen Montag "breite Übereinstimmung" gegeben, den Familiennachzug zu "diskutieren und auch einzuschränken", sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber in Berlin. De Maizière werde jetzt mit den Innenministern der Länder "zügig zusammenkommen", um diese Fragen zu beraten.

CDU-Spitze stellt sich hinter de Maizière

In diesen Gesprächen soll es nach Angaben von Tauber auch darum gehen, wie künftig mit Flüchtlingen aus Syrien verfahren werden soll, die nach Deutschland kommen. Die CDU-Spitze einschließlich Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel sprachen sich demnach dafür aus, zu prüfen, ob die Entscheidung über den Schutzstatus für Syrien-Flüchtlinge weiterhin quasi automatisch oder erst nach individueller Prüfung gefällt werden soll. Die Rückkehr zum individuellen und mündlichen Prüfverfahren wäre deutlich aufwändiger, räumte Tauber ein. Wie die Chancen für eine Einigung mit dem Koalitionspartner SPD in dieser Frage stehen, wollte Tauber nicht bewerten.

Kritik kommt dagegen weiter von der SPD. Vizekanzler Sigmar Gabriel beklagte im deutschen Fernsehen, dass - "immer kurz nachdem wir uns vereinbart haben" - es einen neuen Vorschlag gebe, der vorher nicht auf dem Tisch gelegen habe. "Und das führt natürlich dazu, dass in Deutschland der Eindruck entsteht: Die Regierung - da weiß die linke Hand nicht mehr, was die rechte tut." Oder noch deutlicher ausgedrückt: Man dürfe nicht "jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf treiben". Nötig seien beschleunigte Flüchtlingsverfahren, eine Sicherung der europäischen Außengrenzen und Flüchtlingskontingente.

Beobachter gehen davon aus, dass 2015 weit mehr als die bisher vom Bund noch offiziell prognostizierten 800.000 Flüchtlinge ins Land kommen. Bis einschließlich Oktober waren es bereits knapp 760.000. Sollte also rund eine Million Menschen kommen, könnte der Mangel an Unterkünften noch größer sein.

chr/kle (rtr, kna, edp, dpa, afp)