Nigerias Präsident entledigt sich des kritischen Zentralbankchefs
21. Februar 2014Nigerias Präsident Goodluck Jonathan hat den Zentralbankchef des Landes, Sanusi Lamido Sanusi, von dessen Amt suspendiert. Jonathan warf Sanusi vor, seine Amtszeit sei von "diversen Handlungen finanzieller Rücksichtslosigkeit und Fehlverhalten" geprägt gewesen und verfügte am Donnerstag (20.02.2014), dass die bisherige Vizechefin Sarah Alade die Geschäfte der Zentralbank weiterführt. Der 52-jährige Sanusi hatte der Regierung zuletzt offen Untätigkeit bei der Korruptionsbekämpfung vorgeworfen. Unter anderem hatte er der staatlichen Ölgesellschaft NNPC vorgeworfen, 20 Milliarden US-Dollar veruntreut zu haben.
Sanusi gilt als einer der wichtigsten Akteure im Kampf gegen die grassierende Korruption in Afrikas bevölkerungsreichstem Land. Nichtregierungsorganisationen, die auf diesem Gebiet arbeiten, und Oppositionspolitiker werten seine Entlassung als Rückschritt für ihre Bemühungen für Transparenz und Rechtsstaatlichkeit in Nigeria.
Die Suspendierung sei politisch motiviert, sagte Auwal Ibrahim Musa, der unter anderem Vorsitzender der Anti-Korruptionsorganisation Zero Corruption Coalition ist und als Partner für Transparency International in Nigeria arbeitet. Sanusis Amtszeit wäre ohnehin im Juni ausgelaufen, aber der Präsident habe ihn geschasst, damit er nicht weiter Missstände im Land aufdecken könne, so Musa. Zudem habe Jonathan seine Kompetenzen überschritten. "Wir verurteilen die Suspendierung, weil der Präsident laut Verfassung noch nicht einmal das Recht hat, den Zentralbankchef abzusetzen. Nur die Nationalversammlung ist dazu befugt", sagte Musa im DW-Interview.
Der Umgang mit Sanusi heize die Korruption weiter an, sagte Musa, denn sie werde "Menschen davon abhalten, die Wahrheit zu sagen und Korruption aufzudecken. Wenn der Zentralbankchef ein Opfer werden kann, dann ist keiner mehr sicher."
Ein Schritt vorwärts, zwei zurück
Sanusi selbst kündigte an, seine Abberufung vor Gericht anzufechten. Er habe zwar nicht vor, auf seinen Posten zurückzukehren, aber er wolle Klarheit darüber, ob ein Präsident das Recht habe, einen Notenbankchef zu entlassen. "Wenn wir nicht vor Gericht ziehen, dann kann in Zukunft kein Notenbankchef vernünftig seiner Arbeit nachgehen", sagte Sanusi der DW.
Wenn Sanusi tatsächlich gegen das Zentralbankgesetz verstoßen habe, dann sollte er auch die Möglichkeit bekommen, sich vor dem Senat zu erklären, sagte der Wirtschaftsexperte und Dozent von der Universität Abuja Nasifi Abdullahi Darma. Er gehe davon aus, dass Sanusi keine Vorwürfe gegen die Regierung und andere geäußert hätte, wenn er sie nicht belegen könnte.
"Seine Suspendierung ist ein Ablenkungsmanöver", sagte Adetokunbo Mumuni, der Direktor der nigerianischen Organisation SERAP, die sich für Transparenz in der Wirtschaft einsetzt. Es solle von dem fehlenden Milliarden-Betrag abgelenkt werden, auf den Sanusi hingewiesen hatte. "Wir sind sehr besorgt." Auch Mumuni kritisiert den Korruptionskurs der Regierung. Es könne keinen Fortschritt geben, wenn die Regierung nicht beständig den Kampf gegen Korruption weiterführe. "Wenn die Regierung aber einen Schritt vorwärts macht und zwei zurück, dann kann auch kein Fortschritt erzielt werden."
Sanusis Absetzung müsse etwas mit seinen Enthüllungen zu tun haben, glaubt auch Buba Galadima von Nigerias Oppositionspartei All Progressives Congress (APC). "Ich dachte, die nigerianischen Behörden würden ihm eine Medaille verleihen - stattdessen feuern sie ihn!"
"Falsches Signal" im Korruptionskampf
Die Angst, dass Korruption wieder aufblüht, könnte auch Investitionen in Nigerias Wirtschaft beeinflussen. Die Finanzmärkte reagierten entsprechend nervös auf die Suspendierung Sanusis. Die Zentralbank stoppte am Donnerstag kurzzeitig den Handel auf Devisen- und Anleihemärkten. Die nigerianische Währung Naira wertete deutlich ab. Die jüngsten Entwicklungen seien "ein völlig falsches Signal, das Nigeria negativ beeinflussen wird", so Wirtschaftsexperte Darma.
Auch bei ausländischen Investoren löste die Nachricht von Sanusis Suspendierung Sorgen aus. "Es ist bedauerlich, dass Sanusi abtritt, denn er war ganz klar ein Reformer und hat vieles auf den Weg gebracht", sagte der Sprecher des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, Michael Monnerjahn. Es sei aber noch zu früh, um festzustellen, ob es gewisse Rückschläge im Kampf gegen die Korruption gibt. "Aber der Kampf gegen Korruption hängt natürlich auch von Personen ab."
Unterdessen zweifeln viele Beobachter in Nigeria, ob Sanusis Gang vors Gericht von Erfolg haben werde. Denn auch in der Justiz sei die Korruption hoch.