Hunger in Nordkorea
16. April 2008Tony Banbury warnt: Um eine schwere Tragödie zu vermeiden, sei dringend Hilfe aus dem Ausland erforderlich. Die Nahrungsmittelversorgung in Nordkorea sei ganz schlecht und verschlechtere sich weiter. Der für Asien zuständige Direktor des Welternährungsprogramms (WFP) malte am Mittwoch (16.04.2008) in Seoul ein dramatisches Bild der Lage in dem von Staatschef Kim Jong Il diktatorisch geführten Landes. Nach den Überschwemmungen im vergangenen Jahr gebe es erhebliche Ernteausfälle vor allem bei Reis und Mais.
Bereits im März hatte die UN-Agrarorganisation FAO gewarnt, dass dem kommunistisch regierten Land bis Oktober mehr als 1,6 Millionen Tonnen Getreide fehlen dürften. Das wäre das größte Defizit seit sieben Jahren.
Während einer Hungersnot waren in den 1990er-Jahren eine Million Menschen zu Tode gekommen.
Hauptnahrungsmittel Reis für Arbeiter zu teuer
Das Welternährungsprogramm versorgt 1,2 Millionen der 23 Millionen Nordkoreaner mit 75.000 Tonnen Lebensmitteln pro Jahr. Banbury erläuterte, der Preis für ein Kilogramm Reis habe sich in Teilen des Landes binnen Jahresfrist mehr als verdoppelt und verschlinge jetzt ein Drittel des Monatseinkommens eines Durchschnittsarbeiters.
Nordkorea, das auch in guten Jahren eine Million Tonnen Getreide zu wenig erntet, wird vornehmlich von China, Südkorea und UN-Hilfsorganisationen unterstützt. Südkorea hat wegen eines Streits mit der Führung in Pjöngjang dieses Jahr noch keine Lebensmittel geliefert.
Die Wut der Hungernden
Das Welternährungsprogramm hält als Folge der Lebensmittelkrise weitere Hungerrevolten für möglich. "Die Situation ist ernst", sagte Regionalkoordinator Gemmo Lodesani der französischen Zeitung "Le Parisien". Als mögliche Krisenherde nannte er Somalia, den Sudan, die Demokratische Republik Kongo, Afghanistan, Simbabwe, die Philippinen und Haiti. Dort sei die Bevölkerung besonders stark vom Hunger betroffen.
Angesichts der drohenden Nahrungsmittelkrise benötige das WFP im laufenden Jahr umgerechnet bis zu 900 Millionen Euro mehr als ursprünglich vorgesehen, so Lodesani. Ohne diese Aufstockung werde es große Bevölkerungswanderungen geben mit Menschen, die sich auf der Suche nach Nahrung in Lebensgefahr begeben würden. Die Krise treffe vor allem arme Menschen in Großstädten. Man müsse in diesen Metropolen unbedingt Lebensmittel zu reduzierten Preisen bereitstellen. (sc)