Starautor trifft Malerstar: Edvard Munch in Düsseldorf
11. Oktober 2019Während sich am Main die literarische Szene Norwegens präsentiert, gewährt die Düsseldorfer Schau fast schon intime Einblicke in die Kultur des skandinavischen Landes. Denn mit Knausgård verschafft der wohl populärste norwegische Schriftsteller einen besonderen Zugang zu Edvard Munch (1863-1944). Dessen wohl bekanntestes Bild "Der Schrei" ist zwar nicht mit angereist. Doch für seine Ausstellung, die er bereits vor zwei Jahren im Osloer Munch-Museum kuratierte, hat der Bestsellerautor seinem Malerkollegen auf den Zahn gefühlt. Und präsentiert ihn jetzt als sehr menschelnden Künstler. "Schaust du auf Munch", sagt Knausgård, "schaust du auf dich selbst."
Knausgård hat die rund 140 Werke teils in Doppelreihen an bunt gestrichenen Museumswänden aufhängen lassen. Es sind eher unbedeutende Arbeiten des Künstlers. "Er ist so ikonisch, dass man die Bilder nicht mehr sieht", sagt Knausgård über den Mitbegründer der modernen Malerei. Soll heißen: Munchs Werke sind so berühmt, dass der Betrachter sie nur noch reduziert wahrnimmt. So hat Knausgård seine Auswahl aus über 1000 Werken im Keller des Osloer Museums ganz bewusst getroffen.
Munch als menschelnder Maler
Sie stammen aus einem Zeitraum von etwa 50 Jahren, beginnend mit dem Ende des 19. Jahrhunderts, als der skandalumwitterte Abbruch einer Ausstellung in Berlin Munch schlagartig berühmt machte. Die jüngsten Bilder stammen aus den 1940er Jahren. Die Schau in Düsseldorf ist nach Themen geordnet. "Chaos und Kraft" zeigt Verzweifelte, Trinker, Eifersucht – Menschen in extremen Lebenssituationen. Munch hat sie im Bild verdichtet. "Der Tod des Bohemiens" ist so ein Gemälde, auf dem ein leichenblasser Mann auf einem Bett liegt, die Freunde und Schnapsflaschen an der Seite. Holzschnitte zeigen mit wenigen Linien Landschaften oder sich innig umschlingende Paare.
Munch war auch ein Naturmaler. Zu allen Jahreszeiten malte er Baumstämme, bannte menschenleere Landschaften mit wenigen Zeichen- oder Pinselstrichen auf Papier und Leinwand. Häufig sind es frische, lichtdurchflutete Szenen im Grünen, die expressiv und mit starken Farben ausgeführt sind: Ein Mädchen mit Strohhut gießt Blumen, Frauen in langen Kleidern wandeln unter Bäumen, ein Apfelbaum biegt sich unter der Last der Früchte, Männer baden im Meer. Auf eine Beschilderung der Arbeiten hat Knausgård verzichtet, wohl um vom eigentlichen Bild nicht abzulenken.
Immer die gleichen Motive
Ein Raum zeigt Porträts, darunter eines des dänischen Psychiaters Daniel Jacobson, bei dem Munch wegen einer Nervenkrise in Behandlung war. In dieser Lebensphase in den 1890er Jahren entstanden Munchs bekannteste Werke, die er im so genannten Lebensfries zusammengefasst hat, darunter "Der Schrei", der wie viele Motive Munchs in mehreren Fassungen existiert. Lebensgroße Porträts, Landschaften, Ansichten von Waldstücken, kleinere Szenen des Alltags – diese Themen haben Munch während seines ganzen Künstlerlebens beschäftigt.
Da gibt es ein Feld mit Kohlköpfen in blaugrün, dahinter ein dramatischer Himmel. "Ist das ein Bild vom Tod, ist es Melancholie, ist es nichts weiter als die Landschaft hinter Munchs Haus?" fragte der Schriftsteller. Man wisse es nicht so genau, so Knausgård, "man kann in Munchs Werken Innenwelt und Außenwelt nicht auseinanderhalten."
Die Ausstellung "Edvard Munch - gesehen von Karl Ove Knausgård", ist vom 12. Oktober bis zum 1. März 2020 im K20 in Düsseldorf zu sehen.