Djokovic auf Sinnsuche
12. Januar 2020Natürlich es nie ein ganz normales Match. Entsprechend enthusiastisch reckte Novak Djokovic am Sonntag seine Faust in Richtung Himmel, als er den Matchball im ATP-Cup-Finale gegen Rafael Nadal verwandelt hatte. Mit 6:2, 7:6 (5) besiegte der Serbe den Spanier. Es war das 55. Aufeinandertreffen der beiden Tennisstars - und der 29. Sieg von Djokovic in diesem Duell. Seit 15 Jahren bekämpfen sich die beiden auf den Tennis-Courts dieser Welt. Doch den Schlusspunkt sollte der Serbe an diesem Tag in tiefster australischer Nacht noch im Doppel setzen, mit dem der Mannschaftswettbewerb endete.
Gemeinsam mit seinem PArtner Viktor Troicki setzte sich Djokovic im entscheidenden Match gegen Pablo Carreno Busta und Feliciano Lopez mit 6:3 und 6:4 durch und sicherten sich den hart erkämpften und viel umjubelten Sieg bei der Erstauflage des ATP-Cups, an dem insgesamt 24 Nationen teilgenommen hatten. Nadals Teamkollege Roberto Bautista-Agut hatte zuvor das erste Einzel gegen Dusan Lajovic klar für sich entschieden (7:5; 6:1). "Das ist einer der größten Momente in meiner Karriere, ganz sicher. Für mein Land zu spielen, für meine Mannschaft, das kann man nicht überbieten", sagte Djokovic nach dem Triumph sichtlich überwältigt.
Gier nach Erfolgen noch nicht erloschen
Für Djokovic ist es ein weiterer Titel in seiner schier unendlichen Sammlung. 77 Turniersiege - darunter 16 Grand-Slam-Erfolge - feierte Djokovic in seiner Einzel-Karriere auf der ATP-Tour seit 2006. Und er hat dabei rund 140 Millionen US-Dollar allein an Preisgeldern kassiert. Und so stellt sich die Frage, woher der 32-Jährige immer wieder die Motivation nimmt, sich auf das höchste Niveau zu bringen. "Man muss sich immer wieder einen Antrieb suchen, woher auch immer", hatte Djokovic kurz vor dem Jahreswechsel beim Einladungsturniers in Abu Dhabi erklärt: "Ich denke, es geht immer darum, diesen Sinn und Zweck zu finden, warum man spielt."
Die schiere Gier nach Erfolgen ist beim "Djoker" auch weiterhin nicht erloschen. Solch eine Eigenschaft, die ihn seit seiner Kindheit zu diesen sportlichen Höhen trieb, geht nicht so einfach verloren, aber: "Für mich geht es vor allem in den letzten Jahren nicht mehr nur darum, ein Tennisspiel oder einen Pokal zu gewinnen", sagt der Serbe. Es geht ihm um mehr. "Es muss etwas sein, das größer ist als meine Leistungen. Etwas, das als Erbe verstanden wird, etwas, das das Leben anderer Leute und besonders von Kindern inspiriert."
Wohltäter auf Rekordjagd
Djokovic, der beim Publikum seit jeher polarisiert, will Vorbild sein - nicht nur auf dem Tenniscourt. Der Weltranglistenzweite ist neben dem Platz bei UNICEF als Botschafter in Serbien unterwegs und hat zudem die "Novak Djokovic Foundation" gegründet, die benachteiligten Kindern Zugang zu Bildung verschafft. Dieses Engagement will er, nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn, noch verstärken. Aber momentan ist daran noch nicht zu denken. Derzeit geht es Djokovic darum, auch noch in den Tennis-Geschichsbüchern eine wichtige Rolle zu spielen.
Roger Federer (20 Titel) und Rafael Nadal (19) liegen in der Grand-Slam-Wertung noch vor ihm. Beide will er noch abfangen. "Das ist ein Ziel. Ich bin motiviert, meine eigenen Rekorde zu brechen und meine Grenzen zu verschieben", so Djokovic. Der Serbe tritt als Titelverteidiger bei den am 20. Januar beginnenden Australian Open an. Der Hartplatz ist sein Belag, in Melbourne hat er sich bereits sieben Mal in die Siegerliste eingetragen. Und beim ATP-Cup hat er sich bereits das nötige Selbstvertrauen geholt, um auch den nächsten großen Coup "Down under" zu landen. Eigentlich ist alles angerichtet für die Jagd auf Nadal und Federer.