Novak Djokovic triumphiert in Paris
13. Juni 2021Der französische Tennis-Fan am Bois de Boulogne ist ein eigensinniges Wesen. Er möchte gerne, dass ein Franzose gewinnt. Schon schlecht, dass gerade kein Franzose gut genug ist. Wer diesen Tennis-Fan auf den Rängen des neuen Courts Philippe-Chatrier etwa auf Englisch anspricht, läuft Gefahr, übersehen zu werden oder im besten Fall einen unverständigen Augenaufschlag zu ernten. Und wenn schon kein Franzose gewinnen kann, dann soll es wenigstens dieser irre Spanier machen, der die "Terre Battue", die rote Asche hier besser betrampelt hat als jeder andere Tennisspieler vor ihm. Was haben sie Rafael Nadal schon zugejubelt in Paris.
Ein Djokovic gibt sich nicht zufrieden
Als der serbische Weltranglisten-Erste Novak Djokovic am Freitagabend den dreizehnfachen (!) French-Open-Sieger und Titelverteidiger Nadal bezwang und damit ins Finale einzog, sprachen Beobachter in der französischen Hauptstadt von einem der besten Spiele, das hier in der neuen Zeitrechnung gespielt wurde. Und Djokovic, im vergangenen Jahr noch im Finale unterlegen, wollte sich damit nicht zufrieden geben. Wie sich der Serbe ohnehin nie gerne zufrieden gibt.
"Ich weiß nicht, wo Djokovic noch die Energie hernimmt", sagte nun am Sonntag nachmittag Eurosport-Kommentator Boris Becker, als Djokovic im Finale gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas nach einem Zwei-Satz-Rückstand noch zurückkam und den Weg über die volle Distanz einschlug. Becker hat Djokovic eine Weile trainiert, ihm gerade mental viel mitgegeben auf dem Weg zum besten Tennisprofi der Welt. Becker erwähnte noch, dass er mit dem Serben gelegentlich auch Schach spielte - "ich hatte mehr Geduld".
Um jetzt seinen 19. Grand-Slam-Titel zu gewinnen und ein Fünf-Satz-Match am Ende von zwei anspruchsvollen Wochen letztlich doch zu dominieren, braucht es allerdings auch - Geduld. Das Wissen, dass der Mann auf der anderen Seite unmöglich bis zuletzt auf diesem brillanten Niveau spielen kann wie sein griechischer Finalgegner am Anfang des Matches zeigte. Der "Djoker" hat inzwischen so viele Schlachten geschlagen, dass er dies schon kennt. Anders als sein junger Gegner, für den es das erste Grand-Slam-Finale war.
Ruhiger, um Kraft zu sparen
Und so stürzte Djokovic im ersten Satz und blieb nicht am Boden, wechselte nach zwei verlorenen Sätzen die Farbe des Hemdes von weiß auf rot, wurde ruhiger, um Kraft zu sparen. Um dann nach vier Stunden und elf Minuten Gesamtspielzeit in den Sand zu sinken, im Bewusstsein: Ich bin der Tennis-König der Welt. 6:7, 2:6, 6:3, 6:2 und 6:4.- Fünf-Satz-Sieg gegen den jungen Herausforderer.
Er hatte das schon einmal gemacht. 2016 fiel er - übrigens auch im roten Hemd, sicher nur ein Zufall - nach dem gewonnen Finale gegen Andy Murray auf den Rücken und malte den Zuschauern ein Herz in den Sand. In diesem Jahr hat er bewiesen, dass Nadal in Paris doch kein Abonnement auf den Pokal hat. Murray ist aus der ersten Reihe weg, der Schweizer Roger Federer im tiefen Herbst seiner außergewöhnlichen Karriere. Djokovic hat sich, wenn auch etliche Serben lautstark unter den 5.000 im Stadion zugelassenen Zuschauern waren, die Zuneigung der Pariser erspielt. Man hätte sich nicht gewundert, wenn diese mehrheitlich den jungen Tsitsipas unterstützt hätten.
"Das sind die Matches, von denen Du am meisten lernst", gab Djokovic dem enttäuschten 22-jährigen Grieche nach dem Matchball mit auf den Weg, bevor er aus den Händen von Altmeister Björn Borg den Siegerpokal, den "Coupe des Mousquetaires" entgegennahm. Borg war es dann auch, der erwähnte, dass manche Matches zwei Sieger verdient hätten.
Nicht der schlechtere Spieler
Was den Schmerz des klugen und weltgewandten Tsitsipas lindern kann, ist nicht nur der Scheck über 800.000 Euro (Djokovic bekommt das Doppelte). Auch wenn er nach der Niederlage den Kopf unter einem Handtuch verbarg - trösten kann er sich auch mit der Erkenntnis, dass er über den gesamten Turnier- und Spielverlauf nicht der schlechtere Spieler war. Aber die "großen Jungs" sind in solchen Momenten eine nur schwer überwindbare Macht. Doch die Zeit arbeitet für Stefanos Tsitsipas. Er wird halt noch etwas Geduld brauchen.