NPD-Verfahren scheitert nicht an V-Leuten
2. März 2016Das NPD-Verbotsverfahren hat eine wichtige Hürde genommen - es scheitert diesmal nicht schon an Informanten des Verfassungsschutzes in der rechtsextremen Partei. Das Bundesverfassungsgericht sei nach dem ersten Verhandlungstag nach vorläufiger Einschätzung zu dem Ergebnis gekommen, dass keine solchen Verfahrenshindernisse vorliegen, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle (Artikelbild) in Karlsruhe.
Damit steigt das Gericht nun in die inhaltliche Prüfung ein. Laut Voßkuhle hat die NPD nach dem dritten Verhandlungstag am Donnerstag sechs Wochen Zeit, neue Aspekte vorzubringen. In diesem Fall würde das Gericht möglicherweise weiter verhandeln. Sonst komme die Verhandlung aber am Donnerstag zum Abschluss. (Az. 2 BvB 1/13)
Unterdessen kündigte der NPD-Vorsitzende Frank Franz weitere "Knaller" im Verfahren an. "Wir haben ja gestern erst angefangen", sagte Franz in Karlsruhe. Er gehe davon aus, dass die angesetzten drei Verhandlungstage nicht ausreichten.
Bis zu einem Urteil werden wohl einige Monate vergehen. Erklären die Richter die Partei für verfassungswidrig, muss sie sich auflösen. Ein erster Anlauf für ein Verbot der NPD war 2003 in einem Fiasko für die Politik geendet, weil im Verfahren ans Licht kam, dass die Partei bis in die Spitze hinein mit sogenannten V-Leuten durchsetzt war. Diesmal hatten die Bundesländer vorgesorgt und im vergangenen Jahr auf Bitten des Gerichts noch einmal umfangreich dokumentiert, dass alle V-Leute rechtzeitig vor Beginn des Verfahrens "abgeschaltet" waren.
Elf V-Leute auf Führungsebene nicht mehr aktiv
Der Bevollmächtigte des Bundesrats, Christian Waldhoff, hatte am ersten Tag der mündlichen Verhandlung erklärt, bundesweit seien elf V-Leute auf der Führungsebene deaktiviert worden. Eine Ausspähung der Prozessstrategie und Kommunikation mit dem Verfahrensbevollmächtigten der NPD habe es nicht gegeben. NPD-Anwalt Peter Richter hatte am Dienstag versucht, Überwachungs- und Anwerbeversuche jüngeren Datums nachzuweisen. Das Gericht sieht die vorgetragenen Fälle aber nicht als relevant an.
Das Grundgesetz setzt für ein Verbot hohe Hürden. Das Verbreiten verfassungsfeindlicher Ideen allein reicht nicht aus. Das Gericht war beim letzten Parteiverbot in den 50er Jahren davon ausgegangen, dass eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der demokratischen Grundordnung dazukommen muss. Nun steht der Senat vor der Herausforderung, diese Kriterien für die heutige Zeit weiterzuentwickeln. Ein Verbot müsste inzwischen auch vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof Bestand haben. Nach dessen Rechtsprechung muss ein derart drastischer Eingriff zum Schutz der demokratischen Ordnung auch wirklich notwendig sein. Der Bundesrat versucht in seinem Verbotsantrag, eine Wesensverwandtschaft der NPD zum Nationalsozialismus zu belegen. Bundesregierung und Bundestag haben sich dem Antrag nicht angeschlossen.
stu/sti (afp, dpa, epd)