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Die Nacht des Barack Obama

29. August 2008

Es war die Nacht des Barack Obama, es war der alles entscheidende Auftritt, die Rede, um die Nation zu begeistern. Etwa 80.000 Menschen kamen, um ihn zu sehen. Bis zur letzen Minute feilte Obama an seinem Manuskript.

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Der Kandidat ist erfreut (Foto: AP)
Der Kandidat ist erfreutBild: AP
Colorado Delegate Julia Hicks, from Westminster, cheers as Democratic presidential candidate Sen. Barack Obama, D-Ill., speaks on the final night of the Democratic National Convention, Thursday, August 28, 2008 at Invesco Field at Mile High in Denver. (AP Photo/Cyrus McCrimmon, The Denver Post) ** DENVER OUT; NO MAGS; NO TV; NO INTERNET**
Eine große Polit-Party vor und mit 80.000 Obama-AnhängernBild: AP

Zum Abschluss des Parteitags der US-Demokraten hat Barack Obama vor seinen begeisterten Anhängern die Nominierung zur Präsidentschaftskandidatur angenommen. Er akzeptiere die Nominierung in "tiefer Dankbarkeit und großer Bescheidenheit", sagte er am Donnerstag (28.8.2008, Ortszeit) unter dem Jubel der Zuschauer im Stadion von Denver. Der 47-Jährige rief zu einem grundlegenden politischen Wechsel auf. Die Träume der Amerikaner könnten eins werden, wenn sie sich in einem aufregenden Kreuzzug des Wandels vereinten, sagte der sichtlich bewegte Obama. Er demonstrierte auch Verständnis für die von wirtschaftlichen Problemen geplagten US-Bürger.

Musik, Emotionen, Stars

Vor Obamas Rede brachte eine Reihe von Stars und prominenten Rednern die Menge mit ihren Auftritten in Stimmung. Stevie Wonder spielte nicht nur Musik, sondern rief Obama unter dem Jubel des Publikums zum "nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten" aus. Die Nationalhymne zur Eröffnung der Veranstaltung hatte zuvor Oscar-Gewinnerin Jennifer Hudson ("Dreamgirls") gesungen. Hip-Hop-Star Will.i.am brachte die Menge mit seinem Hit "Yes, we can" zum Tanzen. Das Lied beruht auf Obamas Wahlkampfmotto. Auch die Popsängerin Sheryl Crow unterhielt die Kundgebungsbesucher mit ihren Liedern und sorgte in der Arena für Rockkonzert-Atmosphäre.

Nobelpreisträger Al Gore verglich in seiner Rede Obama mit Abraham Lincoln, einem der berühmtesten Präsidenten in der US-Geschichte: Der ebenfalls aus Illinois stammende Jurist sei früher ebenfalls als zu unerfahren kritisiert worden. "Was seine Anhänger an Lincoln am meisten schätzten, war seine Fähigkeit, in schwierigen Zeiten Hoffnung für die Zukunft zu machen", sagte Gore.

"Wir treffen uns in einem entscheidenden Moment"

Obama vor Menschenmenge (AP Photo/Alex Brandon)S
Obama gilt als großer Redner, doch klagen auch viele seiner Anhänger, sie würden ihn noch nicht richtig kennenBild: AP

Nachdem Obama unter tosendem Jubel die Bühne betreten hatte, rief er mehrfach "Danke, danke, danke" und "Yes, we can" - den Slogan seiner Kampagne. "Wir treffen uns in einem entscheidenden Moment - einem Moment, in dem sich unser Land im Krieg befindet, unsere Wirtschaft in Aufruhr ist, und das amerikanische Versprechen wieder einmal bedroht ist." In seiner Rede nahm er mehrfach Bezug auf die berühmte "I have a dream"-Rede von Martin Luther King, die dieser am 29. August vor 45 Jahren gehalten hatte.

Obama kritisierte die Außenpolitik des republikanischen Amtsinhabers George W. Bush und seinen Rivalen John McCain. Der 47-Jährige kündigte einen politischen Wandel an: "Wir sind hier, weil wir dieses Land zu sehr lieben, als dass die kommenden vier Jahre wie die letzten acht aussehen dürften", sagte er. "Amerika, wir können nicht umkehren." Er werde die "gescheiterte Präsidentschaft von George W. Bush" wettmachen, kündigte Obama an.

Erster schwarzer Präsidentschaftskandidat der USA

Obama war am Mittwoch als erster Schwarzer in der Geschichte der USA zum Präsidentschaftskandidaten einer der großen US-Parteien gekürt worden. "Ich bin nicht der wahrscheinlichste Kandidat für ein solches Amt", sagte er. "Aber heute Abend stehe ich vor Ihnen, weil überall in Amerika sich etwas bewegt."

Der Senator aus Illinois zeigte sich solidarisch mit den wegen steigender Benzinpreise und der Immobilienkrise von wirtschaftlichen Sorgen geplagten Bürgern. Dass viele Menschen es sich nicht mehr leisten könnten, ein Auto zu fahren und ihre Kreditkartenrechnungen zu bezahlen, sei auf die verfehlte Politik in Washington zurückzuführen. Seinem Gegner John McCain von den Republikanern warf er vor, die Sorgen der Bürger nicht zu verstehen.

Obama verspricht klare Mission für Truppeneinsätze

Obama wies erneut Vorwürfe der Republikaner zurück, er werde als Oberbefehlshaber der Truppen im Amt des Präsidenten versagen. Er werde niemals zögern, "dieses Land zu verteidigen", sagte Obama. Aber er werde Soldaten nur mit einer klaren Mission in die Gefahr schicken, "mit dem heiligen Schwur, ihnen die Ausrüstung zu geben, die sie in der Schlacht brauchen, sowie die Versorgung und Unterstützung, die sie verdienen, wenn sie heimkehren."

Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite: Kritik und Lob aus dem Lager der Republikaner - selbst McCain gratuliert seinem Gegner

McCain-Lager kritisitiert Obama

Das Lager von McCain kritisierte die Rede des demokratischen Kandidaten als "irreführend". Es bleibe eine Tatsache, dass Barack Obama nicht bereit sei für das Präsidentenamt, erklärte McCains Sprecher Tucker Bounds. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber entschied sich nach Angaben eines Sprechers seiner Wahlkampagne für einen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten. Ein Name wurde jedoch bislang nicht genannt.

McCain (AP Photo/Carolyn Kaster)
John McCain lobte seinen KontrahentenBild: AP

McCain ließ es sich allerdings nicht nehmen, Sportsgeist zu zeigen und seinem Rivalen zur Nominierung zu gratulieren. "Zu oft bleiben die Leistungen unserer Gegner unbemerkt", erklärte McCain in der Nacht zum Freitag in einem Fernsehspot. "Also wollte ich inne halten und sagen: Gratulation!" Morgen werde man wieder gegeneinander Wahlkampf führen, sagte der Senator aus Arizona zu seinem Kollegen aus Illinois. "Aber heute Nacht, Senator - das war gute Arbeit."

Eisenhower-Enkelin wechselt die Seite

McCain musst kurz zuvor mit ansehen, wie eine einstige Parteigängerin ins gegnerische politische Lager wechselte. Mit Susan Eisenhower, der Enkelin von US-Präsident Dwight D. Eisenhower erhielt Obama Unterstützung aus einer prominenten republikanischen Familie. Sie warb auf dem Parteitag der Demokraten für deren Kandidaten: "Ich glaube, Barack Obama hat die Energie und das Temperament, dieses Land zu führen", sagte die Frau mit dem illustren Namen unter dem Jubel der Menge im Invesco-Stadion. Die Partei ihres Großvaters, die Republikaner, hätten unter der Führung der derzeitigen Regierung "moralisch versagt", sagte Eisenhower. Ihr kurze Ansprache schloss Susan Eisenhower mit Obamas Schlachtruf: "Yes, we can". Die 56-jährige Politikberaterin war fast ihr ganzes Leben lang Mitglied der Republikanischen Partei, der auch schon ihr berühmter Großvater angehört hatte. Wenige Tage vor dem Demokraten-Parteitag hatte sie ihren Austritt aus der Partei erklärt. (kap/mas)