Obama-Day in Berlin
24. Juli 2008
Obama ist am Donnerstagvormittag (24.07.2008) erstmals mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammengetroffen. Vor ihrem Büro stellten sich die Kanzlerin und ihr Gast kurz den Fotografen und Kameraleuten. Merkel und Obama gaben einander die Hand und klopften einander auf die Schulter. Die Kanzlerin zeigte dem designierten Kandidaten die Aussicht auf den Reichstag, bevor sie sich zu einem rund einstündigen Gespräch zurückzogen.
Gespräch mit Merkel in "sehr guter Atmosphäre"
Merkel habe mit Obama eingehend über außenpolitische Themen, aber auch über Wirtschafts- und Klimafragen gesprochen, wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm mitteilte. "Es war ein sehr offenes und in die Tiefe gehendes Gespräch in sehr guter Atmosphäre", berichtete Wilhelm. Die Kanzlerin und Senator hoben dabei die große Bedeutung von engen und freundschaftlichen deutsch-amerikanischen Beziehungen hervor.
Das Gespräch sei bezüglich der Themen breit angelegt gewesen, betonte Wilhelm. Im Mittelpunkt stand nach seinen Angaben die intensive Erörterung außenpolitischer Themen von Iran, Afghanistan, Pakistan, dem Nahost-Friedensprozess bis hin zum NATO-Gipfel 2009. Weitere Themen waren die Fortführung der transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft, Klima- und Energiefragen, die Situation der Weltwirtschaft und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit auf internationaler Ebene und in internationalen Organisationen zur Lösung wichtiger globaler Fragen.
Steinmeier stellt Gemeinsamkeiten fest
Am Nachmittag traf Obama Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Der deutsche Außenminister sieht nach seinem Gespräch mit Barack Obama keine grundlegenden Differenzen über den deutschen Einsatz in Krisengebieten wie Afghanistan. Er sei sehr zufrieden mit dem Gespräch, "weil wir eine Übereinstimmung über unser Engagement in den wichtigen Krisenregionen haben". Er habe zudem Übereinstimmung auch in den grundlegenden Ansätzen der Außenpolitik festgestellt.
Steinmeiers Sprecher ergänzte, der Minister habe das deutsche Engagement in Afghanistan erläutert und den Zusammenhang zwischen zivilem Wiederaufbau und militärischer Absicherung betont.
Rede am Abend an der Siegessäule
Mehr als 100.000 Zuhörer werden zum Redeauftritt des designierten US-Präsidentschaftsbewerbers Barack Obama am Abend an der Berliner Siegessäule erwartet. Die Berliner Rede ist die einzige, die Obama während einer einwöchigen Tour durch den Mittleren und den Nahen Osten sowie durch europäische Hauptstädte hält.
Erster Streitpunkt Afghanistan?
Obama wird die Europäer nach Angaben seines Stabs zu mehr Einsatz im Antiterror-Kampf drängen. Er werde Europa in seiner Rede am Abend auffordern, einen größeren Anteil an diesen Bemühungen zu tragen, sagte ein Obama-Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters. Obama hat bereits angekündigt, im Fall seiner Wahl mehr US-Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Er erwartet auch einen größeren Beitrag der Verbündeten dazu.
Ohne Deutschland zu erwähnen, hatte seine Beraterin Susan Rice gefordert, die Soldaten der Verbündeten dürften in ihrem Einsatz nicht eingeschränkt sein. Das Bundeswehr-Mandat ist auf den vergleichsweise ungefährlichen Norden Afghanistans beschränkt.
Die Bundesregierung hatte bereits in den vergangenen Tagen klar gemacht, dass sie solchen Forderungen Obamas distanziert gegenüber steht. Merkel und Steinmeier wiesen auf das bestehende Engagement der Bundeswehr in Afghanistan und an anderen Krisenherden hin. Sie betonten, dass Deutschland sein Afghanistan-Mandat im Herbst voraussichtlich um 1000 Soldaten aufstocken wird und vor kurzem die Führung der Schnellen Eingreiftruppe übernommen hat, die in Krisensituationen eingreifen soll.
Geteilte Erwartungen
Der frühere US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum, erwartet, dass Obama auf ein stärkeres internationales Engagement Europas dringen wird. "Er wird nicht akzeptieren, dass allein die USA für alles bezahlen sollen. Das ist eine Message, die Obama von Berlin aus transportieren möchte - auch nach Amerika", sagte Kornblum dem "Münchner Merkur".
Auch der Koordinator der Bundesregierung für die deutsche-amerikanische Zusammenarbeit, Karsten Voigt, rechnet nicht damit, dass Obama generell ein einfacherer Partner würde. "Bei Klimafragen dürfte es durch Obama eine Annäherung der USA an Europa geben", sagte er der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". Aber: "Bei wirtschaftlichen Problemen ist ein US-Präsident immer zuerst Vertreter amerikanischer Interessen."
Schlafen am Brandenburger Tor
Obama wird im Hotel "Adlon" wohnen. Zu seinem Schutz werden rund 700 Polizisten eingesetzt. Für Aufregung hatte am Mittag ein verdächtiges Paket gesorgt. Die Polizei ließ es von Sprengstoffexperten untersuchen, wie ein Sprecher der Polizei in Berlin mitteilte. Das Paket hat sich dann als nicht gefährlich erwiesen, es habe sich um eine harmlose Büchersendung gehandel sei. (kas)