OECD: Corona löst schlimmste Rezession seit 100 Jahren aus
10. Juni 2020Bürger, Unternehmen und Staaten müssen sich nach Einschätzung der Industriestaatenorganisation OECD wegen der Covid-19-Pandemie auf äußerst schwere und lang anhaltende Folgen einstellen. Es sei die schlimmste Rezession zu Friedenszeiten seit 100 Jahren zu erwarten, teilte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Mittwoch in Paris in einem Konjunkturbericht mit.
Hier geht es zum kompletten Bericht:
Die Organisation sprach weiter von der "schwersten Gesundheits- und Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg". Die Lage in Deutschland bewerten die Experten pessimistischer als die Bundesregierung.
Die OECD rechnet für ihre Studie zwei Szenarien durch: Im ersten bleibt die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus "unter Kontrolle", im zweiten gibt es eine zweite Infektionswelle. Bei einer kontrollierten Ausbreitung dürfte die Weltwirtschaft demnach in diesem Jahr um sechs Prozent schrumpfen, im schlimmsten Fall sogar um 7,6 Prozent. Für das kommende Jahr erwarten die Ökonomen dann eine mehr oder weniger deutliche Erholung.
Eurozone besonders betroffen
Besonders stark getroffen ist laut der Organisation die Eurozone: Bestenfalls dürfte die Wirtschaft hier um 9,1 Prozent schrumpfen, schlimmstenfalls um 11,5 Prozent. Besonders düster bewertet die OECD die Lage in Spanien, Frankreich, Italien und Großbritannien, wo es besonders viele Todesfälle gab.
Deutschland steht mit einem Minus von 6,6 bis 8,8 Prozent vergleichsweise gut da. Von dem kleineren Wert geht die OECD für den Fall aus, dass es keine zweite Virus-Welle und folgende Eindämmungsmaßnahmen gibt. Zum Vergleich: Die Bundesregierung rechnet bisher mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 6,3 Prozent und sieht die Lage damit etwas optimistischer. In ihrem positiven Szenario rechnet die OECD für 2021 mit einem Wirtschaftswachstum von 5,8 Prozent in Deutschland.
Ganz anders sieht das Bild aus, sollten die Infektionen in Deutschland wieder steigen und neue Lockdowns folgen. Dann rechnet die OECD in diesem Jahr mit einem Minus von 8,8 Prozent, dem 2021 ein Wachstum von lediglich 1,7 Prozent folgen soll.
Globale Kooperation gefragt
"Eine zweite Welle würde die Vorteile einer frühen und gut organisierten Lockerung untergraben", warnte die OECD. "Eine erhöhte Unsicherheit würde ein stärkeres Vorsorge-Sparen der Verbraucher fördern und die Investitionen im In- und Ausland belasten, was sich nachteilig auf Deutschlands Investitionsgüterexporte auswirken dürfte."
Die OECD mahnte die Industrieländer zur Kooperation. "Nur mit mehr Vertrauen wird die Erholung Fahrt aufnehmen - und Voraussetzung für dieses Mehr an Vertrauen ist globale Zusammenarbeit", sagte Chefvolkswirtin Laurence Boone. Die Staatengemeinschaft müsse sicherstellen, dass ein Impfstoff oder ein Medikament - sobald verfügbar - rasch weltweit eingesetzt werden könnten. Auch die Beilegung von Handelskonflikten würde helfen, das Vertrauen der Unternehmen und die Investitionsbereitschaft zu steigern.
Zudem müssten die Staaten die Chance nutzen, fairere und nachhaltigere Wirtschaftsstrukturen zu schaffen. "Dabei gilt es, Wettbewerb und Regulierung intelligenter zu gestalten und die Steuersysteme, die öffentlichen Ausgaben und den Sozialschutz zu modernisieren", sagte Boone.
Der OECD gehören 38 Länder an, darunter neben den meisten EU-Staaten auch die USA und Japan.
ul/hb (rtr, afp)