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Offshore-Windparks unerwünscht

Rayna Breuer3. April 2013

Die Kosten explodieren, der Ausbau stockt, die Energiewende droht zu scheitern. Die Meinungen über Umsetzung und Finanzierung des Mammutprojekts klaffen weit auseinander. Neuer Streitpunkt: die Hochsee-Windparks.

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Der bereits in Betrieb befindliche RWE Innogy Windpark vor der Küste von Nordwales (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der Strom in Deutschland soll grüner werden, das ist das erklärte Ziel der Energiewende, die vor zwei Jahren beschlossen wurde und seitdem für Zündstoff sorgt. Denn der Weg zur sauberen Energie erweist sich als steinig: Verbraucher ächzen unter zu hohen Preisen, die Industrie fordert mehr finanzielle Unterstützung für die Entwicklung neuer Technologien, und die Politik - sie erscheint etwas orientierungslos. Alle wollen die Energiewende, doch über die Umsetzung herrscht keine Einigung. Derzeit sorgt der Streit über die Offshore-Anlagen für neuen Wirbel.

Wind - zu teuer für die Wende?

Ein "ökonomischer und technologischer Irrläufer" sei der Bau von Seewindanlagen, heißt es in einer Analyse des Verbraucherzentrale Bundesverbands e.V. . Die Organisation fordert deswegen einen Stopp neuer Windkraftprojekte auf hoher See: "Es macht keinen Sinn die Technologie zu fördern, weil sie zu teuer ist. Es gibt günstigere Methoden als die der Offshore-Technologie", sagt Niels Schnoor vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Es liege im Interesse des Verbrauchers, die Energiewende möglichst kostengünstig durchzuführen.

Die Verbraucherschützer bekommen selbst vom Bundesverband WindEnergie e.V., dem Interessensverband für On- und Offshore-Anlagen, Unterstützung: "Ja, die Energiewende darf nicht zu teuer werden. Das ist auch der Sinn des neuen Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG)", sagt Matthias Hochstätter, Berater beim Bundesverband WindEnergie e.V.. Die Förderungen für die Industrie würden dadurch zurückgehen, die Verbraucher würden entlastet. "Durch die geringeren Vergütungen sind die Hersteller auch gezwungen, effizienter zu sein. Wenn das nicht gelingt, dann verliert die Windenergie ihre Glaubwürdigkeit", so Hochstätter. Die Industrie müsse sich also mehr anstrengen.

Wer soll aber dann für die Energiewende zahlen? Diese Frage steht für Stefan Gsänger von der World Wind Energy Association nicht an erster Stelle: Es werde eine einseitige Kostendiskussion geführt und mit Zahlen rumhantiert, die nicht die Realität abbilden würden. "Der Bundesumweltminister sprach neulich in einem Interview von einer Billion Euro Kosten für die Energiewende. Diese Zahl ist nicht nachvollziehbar. Man muss genau schauen, was davon Investitionen sind, die später Erträge erzielen." Nehme man nämlich die Ausgaben für Öl-Importe für die nächsten 20 Jahre, dann würden diese höher ausfallen, als die Gesamtinvestitionen in Erneuerbare Energien. Doch auch Gsänger gibt zu: Offshore-Windparks seien im Vergleich zu anderen erneuerbaren Anlagen kostenaufwendiger.

Stefan Gsänger von der World Wind Energy Association (Foto: privat)
Stefan Gsänger von der World Wind Energy AssociationBild: privat

Onshore-Wind – die bessere Energiequelle

Der Wind soll zum Energiemix in Deutschland beitragen. Daran besteht kein Zweifel. Aber nicht der auf dem Meer sondern der an Land. "Die Energiewende wird über Onshore und nicht über Offshore passieren, das ist klar", sagt Matthias Hochstätter. Diese Energiequelle werde die Hauptlast in Zukunft tragen. Gerade in Süddeutschland gibt es noch viel Potenzial für den Ausbau von Onshore-Anlagen.

Gegen die Offshore-Windparks sprechen vor allem die geografischen Bedingungen hierzulande: "Im Gegensatz zu Deutschland setzen andere Länder verstärkt auf Offshore-Windenergie. Aber dort werden die Windparks küstennah aufgestellt. In Deutschland geht das nicht, da wir das Wattenmeer haben", sagt Verbraucherschützer Niels Schnoor. Deutschland sei das einzige Land, das die Anlagen weit draußen auf Meer errichten müsse. Kostentechnisch sei das nicht sinnvoll.

Geht es aber wirklich ganz ohne?

Kann Deutschland also komplett auf Offshore-Wind als Energiequelle verzichten? Nein, sagt Hochstätter. Man könne auf keine erneuerbare Energiequelle verzichten. Auch nicht auf diese. Außerdem befinde sich die Offshore-Technologie noch in der Entwicklungsphase, was sicherlich mehr Investitionen erfordere: "Sobald die Lernetappe überwunden ist, dann ist auch die Energie, die aus Hochsee-Anlagen gewonnen wird, günstig. Man muss nur in dieser Phase, in der wir gerade stecken, auch schauen, dass man vorsichtiger mit dem Geld umgeht", sagt Hochstätter.

Deutschland - ein Außenseiter

Darf sich Deutschland als Technologiepionier zurücklehnen und eine Zukunftstechnologie einfach so ignorieren? "Die neue Offshore-Methode wird sicherlich langfristig als Exporttechnologie wichtig sein", sagt Gsänger von der World Wind Energy Association. Wenn diese hierzulande komplett eingestellt würde, würde sich Deutschland aus einer Technologie zurückziehen, die in anderen Märkten zunehmend gefragt ist.

Also doch kein so schneller Abschied von der Hochsee-Windkraft. Das wollen sogar die Verbraucherschützer nicht ganz: "Wir fordern nicht den kompletten Stopp von Offshore-Anlagen. Wir wollen aber, dass der Ausbau reduziert wird. Derzeit ist das Ziel, dass bis 2020 Anlagen mit einer Leistung von 14 Gigawatt ausgebaut werden", kritisiert Schnoor. Dabei reiche ein Ausbau von fünf Gigawatt, um die Ziele der Energiewende zu erreichen. Stattdessen müsse Onshore und Photovoltaik verstärkt ausgebaut werden.

Windenergieräder und Solarmodule (Foto: picture alliance)
Am Scheideweg: Die Energiewende in DeutschlandBild: picture-alliance