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Opel geht, die Kultur bleibt

Stefan Dege5. Dezember 2014

Hoffnungs-Theater in Bochum: Der letzte Opel ist jetzt vom Band gerollt - nach über 50 Jahren! Ein ambitioniertes Kunstprojekt, das den Menschen Hoffnung spenden sollte, will Debatten für die Zukunft der Stadt anstoßen.

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Bildergalerie Opel Bochum
Bild: GM Company

Vom Opel-Werk bleibt nur ein Ersatzteillager, von zuletzt 3300 Beschäftigten bleiben gerade mal 700. Einige machten mit ihrem Smartphone ein letztes Foto am Tag der endgültigen Schließung. Letzter Akt im dramatischen Niedergang einer Stadt? "Als klar wurde, dass Opel weggeht, gab es einen Schock und Krisenstimmung“, erinnert sich Sabine Reich, Chefdramaturgin am Schauspielhaus Bochum. "Man dachte, wie müssen jetzt solidarisch sein, wir müssen dafür kämpfen, das Opel bleibt.“

Also zeigten die Kulturleute praktische Solidarität und organisierten ein riesiges Künstlerfest. Doch selbst eine Großdemonstration aus Zehntausenden von Bochumern konnte das Aus für das Bochumer Opel-Werk am Ende nicht verhindern. "Als wir diese Gewissheit hatten", erzählt Reiche, "da haben wir umgeschaltet." Ab dann versuchten Künstler und Schauspieler mit einem großen Festival alle kreativen Kräfte zu bündeln. Im April 2014 startete "This is not Detroit - das Detroit-Projekt".

Das Kultur-Programm reichte vom "Gärtnern für Opel" vor dem Schauspielhaus bis zum Recyceln von alten Materialien aus dem Autowerk. Eine witzig-kreative Veranstaltungsreihe aus 25 Kunstaktionen, Ausstellungen und Konzerten aktivierte das Jahr 2014 über die Ruhrgebietsstadt.

Kreative Antworten auf die Krise

Mit der Opel-Schließung endet in Bochum ein Stück Industriegeschichte. "Das ist ein Trauertag", sagt auch Lukas Crepaz, Geschäftsführer der Kultur-Ruhr-GmbH. "Und damit müssen wir uns abfinden." Doch er betrachtet das Aus für Opel als "Teil eines Transformationsprozesses" - einer dauerhaften Veränderung des Ruhrgebietes, die einst mit der industriellen Revolution begann, bei der Schließung von Zechen oder des Nokia-Werkes nicht halt machte und wohl auch mit der Aufgabe des Opel-Werkes nicht am Ende sei.

Aber auf bedrohliche Veränderungen habe das Ruhrgebiet "immer richtige Antworten" gefunden. Für eine der besten hält Crepaz die Gründung der Ruhr-Universität Bochum in den 60er-Jahren, die mittlerweile weltweit Anerkennung als Reformhochschule gewonnen hat.

Internationales Stadt- und Kunstfestival in Bochum Das Detroit-Projekt (Foto: Michael Kneffel)
Lichtinstallation "How Love Could Be" von Tim Etchels am Deutschen Bergbaumuseum in BochumBild: Michael Kneffel

Vom Wert der Arbeit

Wie also weiter nach Opel? "Das Detroit-Projekt hat in Bochum eine Debatte angestoßen: über die Zukunft der Stadt, die Zukunft von Arbeit und von Kunst", sagt Crepaz. "Und über die großen Fragen des postindustriellen Zeitalters." In vielen Diskussionsrunden und bei lebhaften Theaterabenden seien ganz normale Menschen mit Politikern, Wirtschaftsleuten und Künstlern ins Gespräch gekommen.

Vor allem junge Leute hätten sich eingebracht, auch Lehrlinge und Arbeiter von Opel. "Ihre praktischen Probleme konnten wir sicher nicht lösen", räumt Theaterfrau Reich ein, "aber wir konnten Hoffnung erzeugen und den Blick nach vorne richten." Die öffentliche Debatte habe auch gezeigt, schon durch den Vergleich von Bochum mit anderen Städten, dass in der Krise auch eine Chance zum Neuanfang liege. Bochum sei bereit für den Abschied. "Von Detroit lernen heißt, überleben lernen", glaubt Chefdramaturgin Reich.

Herbert Grönemeyer (Foto: CHRISTOF STACHE/AFP/Getty Image)
Sänger und Musiker Herbert Grönemeyer spendet musikalisch Solidarität für die Opel-ArbeiterBild: Christopf StacheAFP/Getty Images

"Bochum, du bist meine Stadt..."

Den Schlusspunkt des Detroit-Projekts setzt die Aufführung des Stücks "Die Kinder von Opel". Eine Abfolge von Interviews, inszeniert als Theaterstück der Schauspieltruppe "Kainkolletiv". Alle Abende des Bochumer Schauspiels sind ausverkauft.

Ein Zeichen der Solidarität will schließlich auch Musiker Herbert Grönemeyer setzen und die Mitarbeiter des Opelwerks zu einem Konzert einladen. Der berühmte Sänger, der in Bochum aufgewachsen ist und der Ruhrgebietsstadt mit seinem gleichnamigen Album ihre Hymne geschenkt hat, ärgert sich nach eigenen Worten über das "zynische Verhalten des Konzerns". Deshalb wolle er den Menschen Mut machen - auf seine Art.