"Open Arms" lehnt auch Hafen auf Balearen ab
19. August 2019Mit mehr als 100 Migranten an Bord wartet das Rettungsschiff "Open Arms" weiter vor der italienischen Insel Lampedusa auf eine Lösung. Die Besatzung lehnte Angebote ab, die spanischen Baleareninseln anzufahren, und forderte Italien und Spanien auf, Verantwortung für die Geretteten zu übernehmen. Die Organisation plädierte für einen Transport der Flüchtlinge per Flugzeug nach Spanien. "So ließe sich alles lösen. Die Menschen könnten sicher und in Würde bis zu dem ihnen zugewiesenen Zielort, der Spanien ist, reisen", sagte der Leiter der Organisation Proactiva Open Arms, Oscar Camps, am Montag laut italienischen Medien.
Das Schiff sei nur für die Seenotrettung und den Transport zum nächsten sicheren Hafen ausgelegt. "Nach 18 Tagen und all dem Leid können wir nicht mehr für die Sicherheit der Menschen garantieren", so Camps.
Zuvor hatte Spaniens Regierung den fünf Tagesreisen entfernten südspanischen Hafen Algeciras und den Hafen auf Menorca angeboten. Auch ein Hafen der benachbarten größeren Balearen-Insel Mallorca stand zur Auswahl.
900 Kilometer statt 800 Meter
Auf diese Weise bietet die spanische Regierung der "Open Arms" den nächstgelegenen Hafen als Alternative zu Algericas an. Die Baleareninsel Menorca ist gut 900 Kilometer von der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa entfernt. Die Fahrt nach Algericas bei Gibraltar wäre ungefähr doppelt so weit gewesen. Seit Mittwochabend liegt die "Open Arms" nur rund 800 Metern entfernt von Lampedusa, ohne dort anlegen zu dürfen.
Auf das Angebot, nach Menorca zu fahren, hatte Kapitän Marc Reig ebenfalls kritisch reagiert, wie die Katholische Nachrichtenagentur berichtet. Die Lage an Bord sei verzweifelt, man müsse die Menschen im nächstgelegenen Hafen an Land lassen, und das sei das 800 Meter entfernte Lampedusa. Allenfalls müssten sie dort zunächst versorgt und dann auf ein geeignetes Schiff gebracht werden, um damit die Balearen anzusteuern.
Italiens Transportminister Danilo Toninello habe der "Open Arms" in Aussicht gestellt, dass ein italienisches Schiff sie nach Menorca begleite und nötige Unterstützung biete, berichtete die italienische Zeitung "La Repubblica".
Die Menschen haben Land in Sicht, das sie aber nicht betreten dürfen. Einige der Migranten versuchten am Sonntag in einer verzweifelten Aktion offenbar, nach Lampedusa zu schwimmen. Open-Arms-Gründer Oscar Camps veröffentlichte auf Twitter ein Video, das zeigte, wie mehrere Menschen sich mit Rettungswesten ins Wasser stürzten, bevor sie von Besatzungsmitgliedern wieder an Bord gebracht wurden.
"Wir haben seit Tagen davor gewarnt, die Verzweiflung hat Grenzen", schrieb Camps. Das spanische Fernsehen zeigte Bilder von Menschen an Bord, die Weinkrämpfe erlitten, andere reagierten wütend. Die Crew versuchte, die Menschen zu beruhigen. Die Menschen harren zum Teil seit zweieinhalb Wochen auf engstem Raum aus.
Zäher Machtkampf
In der Nacht zum Sonntag durften 27 Minderjährige an Land gehen. Allerdings "gegen meinen Willen", wie Italiens Innenminister Matteo Salvini mitteilte, und auch nur, weil Ministerpräsident Giuseppe Conte ihn zu dem Schritt aufgefordert habe. Bereits am Mittwoch hatte ein italienisches Gericht dem Schiff das Einlaufen in nationale Gewässer erlaubt. Noch befinden sich 107 Migranten auf dem Schiff.
Am Donnerstag hatte Italiens Regierungschef Giuseppe Conte erklärt, sechs EU-Länder seien bereit, die Menschen von der "Open Arms" aufzunehmen. Französischen Medien zufolge würde beispielsweise Paris 40 Menschen aufnehmen.
ust/kle/cgn (kna, afp, efe, dpa, epd)