Opium für die Welt
25. Februar 2003Die Wirtschaft Afghanistans liegt nach wie vor in weiten Teilen brach. Nur die Drogenbranche boomt - besonders im Osten des Landes in der Provinz Nangahar. Aus dem rot und violett blühenden Schlafmohn wird Opium gewonnen, das als Basis zur Herstellung von Drogen wie zum Beispiel Heroin dient.
Afghanistan ist derzeit der größte Opium-Produzent in der Welt. Das in Wien ansässige UN-Büro gegen Drogen und Kriminalität (UNOCD) stellt in einer Ende Januar 2003 veröffentlichten Studie fest, dass sich der Mohnanbau seit 1979 um das Fünfzehnfache auf 3400 Tonnen erhöht hat. Damit deckt Afghanistan fast drei Viertel der weltweiten Produktion ab.
Not treibt die Menschen zum Drogenanbau
Die Regierung in Afghanistan unter Staatspräsident Hamid Karsai versucht seit ihrem Amtsantritt, das Problem zu lösen. Der Anbau und Verkauf von Opium ist verboten worden. Außerdem versuchte Karsai, die Bauern durch die Zahlung von Entschädigungen vom Handel mit der Rauschpflanze abzubringen. Mit wenig Erfolg, denn die geschätzten 1,5 Milliarden Dollar, die durch den Verkauf von Opiaten und Heroin im Jahr 2002 in das Land flossen, kann die Regierung nicht kompensieren.
Der Leiter der afghanischen Drogenkontrollbehörde, Abdul Hai Ellahi, sieht vor allem eine Ursache für den erneuten Anstieg des Drogenhandels: "All unsere Bemühungen kranken daran, dass wir ohne Unterstützung von außen auskommen müssen und ganz auf unsere eigenen mageren Ressourcen angewiesen sind."
Das tägliche Durchschnittseinkommen in Afghanistan liegt bei unter zwei Dollar. Adam Bouloukos vom Afghanistan-Büro des UNOCD hat daher wenig Hoffnung, dass das Drogenproblem bald gelöst wird: "Viele Flüchtlinge, die aus Pakistan zurückkehren, sind entweder hoch verschuldet oder selber drogenabhängig. Und sie arbeiten auf Mohnfeldern, um sich finanziell etwas Luft zu verschaffen oder ihre Sucht zu bedienen."
Auswege aus der Drogenfalle gesucht
Der Aufstieg Afghanistans zur Opium-Weltmacht begann bereits während der sowjetischen Besetzung des Landes in den 1980er Jahren. Für den islamischen Widerstand waren die Einnahmen aus dem Drogenhandel die wichtigste Finanzquelle. Auch die Taliban profitierten vom Drogenhandel. Erst Anfang 2001 verboten sie den Schlafmohn und zerstörten viele Mohnfelder. Allerdings wollten die Taliban auf diese Weise nur das Angebot verknappen, um ihre Opiumvorräte zu noch höheren Preisen verkaufen zu können. Die zahlreichen Stammes- und Regionalfürsten sichern noch heute ihre Macht mit Einnahmen aus dem Opiumhandel. Während des Krieges gegen die Taliban war Opium sogar Tausch- und Zahlungsmittel.
Der Mohnanbau ist nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein politisches und soziales Problem, das nur gelöst werden kann, wenn man "die Wurzeln des Problems, nicht nur die Symptome" bekämpft, so die UNOCD. Die Organisation plädiert in ihrer Studie deshalb für mehr finanzielle Hilfe aus dem Ausland. Die noch schwache Zentralregierung von Präsident Karsai muss in die Lage versetzt werden, erlassene Gesetze auch durchzusetzen.
Am wichtigsten ist jedoch, die Landbevölkerung aus ihrer wirtschaftlichen Not und Abhängigkeit von den Stammesfürsten zu befreien. Dafür müssen die zerstörten Dörfer wiederaufgebaut werden. Ebenso muss die Ausbildung, vor allem von Frauen, verbessert werden. Außerdem brauchen die Bauern neue Arbeitsplätze und Hilfe beim Anbau neuer Produkte. Um das zu erreichen, muss aber auch eine neue Infrastruktur geschaffen werden. Solange diese Fortschritte ausbleiben, werden die Felder von Nangahar weiter rot und violett blühen.