Opposition gegen ausländische Truppen
2. März 2011Während in Libyen die Kämpfe zwischen Regimegegnern und Gaddafi-treuen Truppen andauern, bangen viele im Ausland lebende Libyer um ihre Familien vor Ort. Sie versuchen mit Demonstrationen und verschiedenen politischen Aktionen auf das Leid ihrer Landesleute aufmerksam zu machen. Einer von ihnen ist der in Deutschland lebende Aktivist Sidan Ali Sidan. Der Wirtschaftsingenieur hat immer noch Familie in Tripolis. "Der Sturz von Gaddafi ist eine Frage der Zeit. Die Frage ist eigentlich, ob es heute oder im Laufe der nächsten Tage passieren wird", ist sich Sidan sicher. "Mittlerweile schlagen sich immer mehr Städte und Generäle auf die Seite der Demonstranten."
Noch gehen die Kämpfe weiter. Die Vereinten Nationen sprechen von bis zu 2.000 Todesopfern allein in der Hauptstadt Tripolis. Auch wenn der Osten der Kontrolle Gaddafis seit Tagen entglitten ist, droht der Kampf um die Macht im Westen weitere Opfer zu fordern.
Keine Kriegsschiffe
Angesichts dieser dramatischen Lage erwägen die USA, Eingreiftruppen nach Libyen zu senden, wie die Tageszeitung "Washington Post" meldete. Die USA verlegten am Dienstag (01.03.2011) Kriegsschiffe in Richtung Libyen. Zudem drohte der britische Premierminister James Cameron mit dem Einsatz militärischer Mittel. Sidan Ali Sidan ist strikt gegen solche Vorschläge: "Wir haben gesehen, was ausländische Interventionen im Irak oder Afghanistan bringen, deswegen sagen die Menschen in Libyen: Lieber sterben wir, lieber nehmen wir noch weitere Opfer im Kauf."
Er ist sicher: Lieber würden die Libyer ihr Leben riskieren um Gaddafi zu stürzen, als dass ausländische Soldaten ins Land einmarschierten. Er hofft dagegen auf politische Maßnahmen: Auf seiner Homepage bittet der 28-jährige Aktivist im Namen der libyschen Gemeinde das Auswärtige Amt um Hilfe. Sein Appell an die Entscheidungsträger Deutschlands: "Um das grausame und unmenschliche Morden in Libyen zu stoppen bitten wir Sie um Folgendes: Veranlassen Sie ein Flugverbot über Libyen, damit Gaddafi mit seinen Militärflugzeugen nicht mehr in der Lage ist, auf friedliche Demonstranten zu schießen."
Materielle und moralische Unterstützung
Mittlerweile schließen sich immer mehr Libyer diesem Appell an. Zum Beispiel der Oppositionelle Aschour Schames, der im Londoner Exil lebt: "Das libysche Volk erhofft sich materielle und moralische Unterstützung von der internationalen Gemeinschaft", sagt Schames. Konkret bedeute das: "Wir hoffen, dass ein Flugverbot über Libyen verhängt wird. Dass aber ausländische Truppen direkt ins Land einmarschieren, ist weder erwünscht noch gewollt."
Auch eine Intervention der ägyptischen Armee im Osten und des tunesischen Militärs im Nordwesten sei nicht erwüscht, sagt Sidan Ali Sidan. Sehr willkommen hingegen ist die humanitäre Hilfe, die sowohl die Tunesier als auch die Ägypter in den Grenzregionen zu Libyen leisten. Die Libyer würden es aus eigener Kraft schaffen, Gaddafi zu stürzen, ist sich Sidan sicher. Und wenn die Ära Gaddafis beendet sein wird, erhofft sich der junge Libyer von der Europäischen Union, dass sie seine Landsleute beim Aufbau von demokratischen Institutionen tatkräftig unterstützt. "Wir erwarten politische Entwicklungshilfe, die den Libyern Themen wie Mitbestimmungsrecht und Gewaltenteilung näher bringt. Denn das gab es in den letzten 42 Jahren in Libyen nicht."
Aber das ist noch eine Zukunftsvision – noch hält sich Muammar Gaddafi an der Macht.
Autorin: Chamselassil Ayari
Redaktion: Klaus Dahmann/Diana Hodali