Opposition ruft zu Massenprotesten in Nepal auf
20. April 2006Mindestens drei weitere Menschen sind bei Protesten gegen König Gyanendra in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu am Donnerstag (20.4.2006) getötet und Dutzende weitere verletzt worden. Augenzeugen zufolge eröffneten Sicherheitskräfte am das Feuer auf eine Gruppe von Demonstranten, die die über Kathmandu verhängte Ausgangssperre gezielt brechen und von einem Vorort aus in die Hauptstadt marschieren wollten.
Ausgangssperre
Bereits am Mittwoch hatten nepalesische Sicherheitskräfte das Feuer auf Menschen in Chandragani, rund 600 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Kathmandu, eröffnet. Die Behörden erklärten, sie hätten auf Provokationen und Ausschreitungen der Demonstranten reagiert. Trotz einer Ausgangssperre in der Hauptstadt, die noch bis Donnerstagabend (20.4.2006) gilt, erwartet die Opposition zwischen 100.000 und 500.000 Menschen zu einer Großdemonstration. In Nepal leben rund 28 Millionen Menschen, Kathmandu hat etwa 1,5 Millionen Einwohner.
"Friedliche Proteste sind ein Grundrecht", sagte Krishna Prasad Sitaula, ein führendes Mitglied des Nepali Congress, der größten Partei des Landes, laut Reuters. "Das Demonstrationsverbot und die Ausgangssperre sind undemokratisch und verfassungswidrig. Wir werden sie missachten und unsere friedlichen Proteste fortsetzen".
Schussbefehl
Die Polizei drohte damit, jeden zu erschießen, der sich trotz Demonstrationssperre auf die Straße traut. Selbst Diplomaten, Journalisten und Beobachter von Menschenrechtsorganisationen haben laut Agenturberichten keine Passierscheine erhalten, um die Situation auf den Strassen zu beobachten. So waren die Straßen der Hauptstadt am Donnerstag auch weitgehend menschenleer, während die Opposition sich am Rande der Stadt versammelte. Vor dem verriegelten Königspalast patrouillierten Polizisten mit Panzerwagen und Maschinengewehren.
Mit ihren Protesten und einem am 6. April begonnenen Generalstreik will die Opposition die Alleinherrschaft des Königs zu Fall bringen und die Wiedereinsetzung demokratischer Institutionen erzwingen. Gyanendra hatte im Mai 2002 das Parlament aufgelöst, im Februar
vergangenen Jahres entließ er die Regierung. Bislang starben bei den Protestaktionen mindestens zehn Menschen.
Akademiker verhaftet
In der Touristenstadt Pokhara westlich von Kathmandu wurden indes 250 Professoren festgenommen, die sich trotz einer Ausgangssperre zu Protesten versammelt hatten. In der Stadt Nepalgunj erlag eine Frau ihren Verletzungen, die sie am Dienstag erlitten hatte. Gemeinsam mit tausenden weiteren Menschen hatte sie ein Denkmal für Gyanendra gestürmt.
Unterdessen ließ die vom König geführte Regierung zwei seit drei Monaten inhaftierte Oppositionsführer frei. Einer der Freigelassenen, Madhav Kumar Nepal von der Kommunistischen Partei von Nepal, rief sofort zur Fortsetzung der Proteste auf. "Die Bewegung wird effektiv und kraftvoll weitergehen, bis die volle Souveränität des Volkes wieder hergestellt ist", so Kumar.
Auch Kinder unter den Opfern
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat der nepalesischen Polizei vorgeworfen, bei den Massenprotesten in den vergangenen Tagen auch Kinder geschlagen und angeschossen zu haben. So wurden mindestens drei Kinder mit Verletzungen in Krankenhäuser der nepalesischen Hauptstadt eingeliefert. Unter ihnen sei ein Junge, der von Polizisten so heftig geschlagen worden sei, dass er einen Schädelbruch erlitten habe. Einem anderem sei in den Kopf geschossen worden. (win/kap)