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Opposition zweifelt an Syrien-Mission

Bernd Gräßler2. Dezember 2015

Die Regierung verteidigt im Bundestag den Militäreinsatz in Syrien. Der IS müsse eingedämmt werden, bevor es zu spät sei. Die Linke spricht von einem Kriegsabenteuer, die Grünen sehen mehr Fragen als Antworten.

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Außenminister Frank-Walter Steinmeiner spricht im Bundestag (Foto: Reuters/Fabrizio Bensch)
Bild: Reuters/F. Bensch

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach von einer perfiden Logik und hatte all jene im Blick, die durch einen Bundeswehreinsatz in Syrien eine erhöhte Terrorgefahr für Deutschland fürchten. "Abschottung, Lichter aus, Rollläden runter, wenn Terroristen durch die Straßen ziehen und hoffen, dass sie beim Nachbarn landen, wo die Fenster noch hell erleuchtet sind - das kann nicht unsere Logik sein", sagte der Außenminister.

Allerdings bediente sich im Bundestag während der ersten Aussprache zur Entsendung von 1200 Bundeswehrsoldaten nebst Kriegsgerät nach Syrien niemand dieser Logik. Auch nicht bei der Opposition, die dem Einsatz ablehnend bis kritisch gegenübersteht.

Wenn am Freitag im Deutschen Bundestag eine Mehrheit für den Bundeswehreinsatz entstehen sollte, würden deutsche Soldaten nach Afghanistan in ein neues Kriegsabenteuer geschickt, warnte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Die Linke lehne geschlossen das von der Bundesregierung vorgelegte Mandat ab.

Es sieht die Entsendung von sechs Tornado-Aufklärungsflugzeugen und Tankflugzeugen für die Bombenangriffe der internationalen Allianz gegen den sogenannten "Islamischen Staat" (IS) in Syrien vor. Außerdem soll eine Fregatte als Begleitschutz für den französischen Flugzeugträger "Charles de Gaulle" ins Mittelmeer entsandt werden. Mit weiterem deutschem Personal sollen Stäbe und Hauptquartiere der Allianz verstärkt werden. Insgesamt möchte die Regierung die Zustimmung des Parlaments für die Entsendung von 1200 Soldaten.

Steinmeier: Bald könnte es zu spät sein

Ja, sagt die Linke zwar, dem IS müsse das Handwerk gelegt werden. Aber wie? Bomben, für die deutsche Aufklärungsflugzeuge die Ziele aussuchen, sind aus ihrer Sicht eine falsche Antwort auf den Terror. Jede Bombe, die auf Rakka falle, treibe dem "Islamischen Staat" neue Kämpfer zu, sagte der Linken-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch.

Es werde die Grundlage gelegt für neue Attentate. Man bediene damit die Logik des IS, wonach der Westen einen Kreuzzug gegen alle Muslime führe. Bartsch erinnerte daran, dass der Irakkrieg einst die Wurzeln für das Entstehen des IS gelegt habe und lobte Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für sein damaliges Nein zum Krieg.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) warf der Linken vor, zwar Nein zu sagen, aber selbst keine Antworten zu haben. Steinmeier war sichtlich genervt von den Vorwürfen und erklärte, die Luftschläge seien ja nur Teil einer Gesamtstrategie gegen den IS, zu der auch die Verhandlungen über die Zukunft Syriens in Wien gehörten. Aber jetzt sei militärisches Handeln notwendig, argumentierte Steinmeier: "Wenn wir nicht verhindern, dass sich der IS noch weitere Teile unter den Nagel reißt, dann wird auch in Syrien nichts übrig bleiben, was wir befrieden und in eine bessere Zukunft überführen können."

Völkerrechtliche Bedenken eines Linken-Abgeordneten, ob man einen nichtstaatlichen Akteur wie den IS zum Kriegsgegner erklären könne, wies Steinmeier mit den Worten zurück, es sei nicht die Stunde, Frankreich zu erklären, dass die Franzosen sich deshalb nicht angegriffen fühlen müssen: "Machen Sie es, ich tue es nicht."

Wer bekommt die Tornado-Daten?

Im Gegensatz zur Linken sehen die ebenfalls oppositionellen Grünen die Notwendigkeit einer militärischen Bekämpfung der Terrormiliz. Allerdings überzeuge sie das Konzept der Regierung nicht, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen Katrin Göring-Eckardt. Es gebe zu viele Akteure mit unterschiedlichen Interessen in der Anti-IS-Allianz.

Die Grünen befürchten, dass die Aufklärungsbilder der deutschen "Tornados" in die Hände der Assad-Truppen gelangen könnten. Auch die Linke sorgt sich um die Ergebnisse der deutschen Erkundungsflüge. Die Türkei könnte sie nutzen, um Stellungen der kurdischen Peschmerga anzugreifen, und damit ausgerechnet jene Gruppierung, die bisher am Boden den IS am effektivsten bekämpft.

Tornado-Aufklärungsflugzeug (Foto: Bundeswehr)
Tornado-Aufklärer der BundeswehrBild: Bundeswehr

Nach Angaben der Bundesregierung entscheidet allein die Bundeswehr, was mit den Daten geschieht und wem sie übergeben werden. Der Unions-Verteidigungspolitiker Jürgen Hardt erntete allerdings Proteste und Gelächter aus den Reihen der Linken und Grünen, als er versicherte, auch die Türkei werde "verantwortungsvoll mit unseren Daten umgehen".

Kurz vor der Debatte im Bundestag hatte ein Bericht aus dem Verteidigungsministerium die Runde gemacht, wonach ein Großteil der 93 Bundeswehr-Tornados nicht einsatzbereit ist. "Wir haben 30 einsatzbereite Tornados, und wir brauchen in Syrien sechs", versicherte daraufhin Verteidigungsministerin von der Leyen.

Bei der Abstimmung am Freitag wird die Linke geschlossen mit Nein stimmen. Auch aus den Reihen der Grünen dürften zahlreiche Nein-Stimmen kommen. Die Zustimmung zum Antrag der Regierung gilt aber durch die breite Mehrheit von CDU, CSU und SPD als gesichert.