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"Freiwillig geht besser als gezwungen"

Jens Thurau30. Oktober 2015

Die Welttemperatur darf nicht um mehr als zwei Grad steigen. Im besten Fall schafft es der UN-Klimagipfel von Paris im Dezember, die Erwärmung auf 2,7 Grad zu begrenzen. Das findet Christiana Figueres trotzdem gut.

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Klimawandel Eisbären
Bild: picture-alliance/ dpa

Es gehört zum Job von Christiana Figueres, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken. Die Chefin des in Bonn angesiedelten Weltklimasekretariats freut sich auf die in rund vier Wochen beginnende Klimakonferenz in Paris, auf der nach vielen Jahren mühsamer Gespräche endlich ein neuer Vertrag zu Verringerung der Treibhausgase beschlossen werden soll.

"Ich sehe bei vielen Ländern ein robustes und nach vorne weisendes Engagement", sagte die Politikerin aus Costa Rica am Freitag (30.10.2015) in Berlin. Mit Zweckoptimismus kennt sich die eloquente Frau aus, vertrat sie doch viele Jahre ihr Heimatland auf den jährlichen, meist zähen und oft ergebnislosen Konferenzen.

Christiana Figueres beim UN-Klimagipfel (Foto: AFP)
Christiana Figueres: Länder zeigen EngagementBild: AFP/Getty Images/P. Stollarz

Diesmal wird alles anders

Aber dieses Mal soll alles anders werden: Bislang haben 146 der rund 200 in Paris vertretenen Länder ihre nationalen Klimapläne an das Sekretariat gemeldet, das die Verhandlungen organisiert. Im Klima-Fachjargon heißen diese Ziele INDCs (Intended Nationally Determined Contributions). Und sie sind so etwas wie eine neue Zauberformel des internationalen Klimaschutzes. Jedes Land legt einen Plan vor, was es national im Klimaschutz leisten möchte. Experten errechnen daraus, welche Minderungen an Gasen das insgesamt zur Folge hat. Freiwilliges Engagement ist also gefragt, kein Zwang mehr wie früher.

"Daran ist doch die Klimakonferenz von Kopenhagen 2009 gescheitert", sagt dazu der deutsche Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth. Vor der Kopenhagen-Konferenz hätten die Wissenschaftler eine starke Minderung der Treibhausgase verlangt, das habe die Konferenz dann von den Staaten eingefordert - ohne Ergebnis. Die Konferenz scheiterte jämmerlich.

2,7 Grad sind machbar

Wenn alle Staaten jetzt tatsächlich einhalten, was sie versprechen, dann könnte die durchschnittliche Erwärmung der Erde auf "etwa 2,7 Grad bis 2100 begrenzt werden", sagt Flasbarth. Zwei Grad halten Wissenschaftler für gerade noch tolerabel. Mit anderen Worten: Das wahrscheinliche Resultat der Paris-Konferenz reicht nicht aus, um den Klimawandel zu stoppen, ist aber besser als lange erhofft. "Und die Länder sind in ihren Zielen eher konservativ geblieben, was verständlich ist. Sie wollen vor der Konferenz eben sehen, was die anderen Staaten vorlegen", ergänzt Figueres. Flasbarth fügt hinzu, die Chinesen etwa hätten zu erkennen gegeben, dass sie mehr leisten könnten als das, was sie in Paris versprechen wollen. Dort will Peking zusichern, seine Emissionen nach 2030 kontinuierlich zu senken.

Thermometer vor dem Himmel (Foto: DPA)
Pariser Konferenz: Erwärmung auf 2,7 Grad begrenzenBild: picture-alliance/dpa

Völkerrechtlich bindend? Wohl kaum….

Bei allem Optimismus: Figueres und Flasbarth wissen, dass es noch viele offene Fragen gibt: Unklar ist etwa, ob die Ziele, die die Staaten nach Paris mitbringen, dann wirklich völkerrechtlich verbindlich zugesichert werden. Europa mit Deutschland als Klimaschutzvorreiter will das erreichen, aber Länder wie die USA und auch China werden da wohl kaum mitziehen. "Aber die Vergangenheit hat doch gezeigt: Bindende Vereinbarungen heißen nicht, dass sie auch wirklich erfüllt werden. Das Kyoto-Protokoll war so ein bindender Vertrag und ist doch gebrochen worden", sagt Figueres dazu. Tatsächlich war der erste internationale Klimavertrag von 1997, der durch das Paris-Abkommen abgelöst werden soll, weitgehend wirkungslos, weil viele Länder sich davon zurückzogen.

"Heute haben wir aber eine ganz andere Dynamik, die Erneuerbaren Energien etwa sind viel preisgünstiger geworden", so Jochen Flasbarth. Und bei Figueres klingt das so: "Jetzt handeln die Staaten wirklich aus eigenem Interesse, nicht mehr auf Druck."

Noch ein Punkt könnte in Paris für Zündstoff sorgen: Viele Entwicklungsländer machen die Einhaltung von Finanzierungszusagen, die oft schon Jahre alt sind, zur Bedingung ihres Pariser Klimaschutz-Engagements. So war schon in Kopenhagen vereinbart worden, dass die Finanzhilfen für arme Staaten bis 2020 auf jährlich 100 Milliarden Dollar ansteigen sollen. Noch ist also längst nicht alles in trockenen Tüchern kurz vor dem Klimagipfel - wie eigentlich immer in den letzten Jahren.