Ortstermin im Operndorf in Burkina Faso
Seit fünf Jahren ist Christoph Schlingensief tot, doch seine Visionen leben weiter: Das Operndorf, sein großes Vermächtnis, wächst. Schule, Krankenstation und Wohnhäuser sind fertig. Ein Besuch im Operndorf "Remdoogo".
Eine Idee wird wahr
Diese fünf Hektar in der Kommune Ziniaré hat sich Christoph Schlingensief vor seinem Tod ausgesucht, um dort das Operndorf zu errichten. Etwa eine Autostunde braucht man, um die 30 Kilometer von Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou zurückzulegen. Lehrer und medizinisches Personal wohnen bereits im "Dorf". 300 Kinder werden in der Schule unterrichtet.
50 Kinder pro Klasse
Nouhourou und Françoise gehen in die Grundschule im Operndorf. Sie stammen - wie alle Schülerinnen und Schüler - aus einem der sechs Dörfer in der Umgebung. Seit gut einem Monat haben sie schon Ferien. Sie erzählen, wie sehr sie ihren Unterricht lieben. Nouhourou rechnet gerne. Er möchte Arzt werden. Françoise spielt am liebsten Theater. Wenn sie groß ist, werde sie Lehrerin, sagt sie.
Geometrie und Theater
Ein ganz normaler Schultag beginnt mit einem Lied in Mooré. In Burkina Faso ist Französisch zwar die Amtssprache, Mooré ist aber so etwas wie eine geheime Nationalsprache. In der Schule werden beide Sprachen gesprochen. "Françoise hat schon im ersten Schuljahr ihren Namen schreiben können und auch die ihrer Brüder", erzählt ihre Mutter, die stolz ist, dass sich ihre Tochter so gut entwickelt.
Viele Schüler wollen ins Operndorf
Jetzt, in der Ferienzeit, sind die Schulräume verwaist. Nur wenige Schüler sind zu sehen. Während der Unterrichtsphase ist das anders: Die Schule leidet unter Platzproblemen. Direktor Abdoulaye Ouédraogo erzählt, dass sie bereits in den Saal ausweichen müssten, der eigentlich für kulturelle Aktivitäten vorgesehen sei. Solange müsste die Kultur draußen stattfinden.
Kunst und Leben
"Neben den normalen Schulfächern spielt Kulturvermittlung eine große Rolle", sagt Mahamaoudou Nacanabo, der das Kulturprogramm im Operndorf betreut. "Wir laden deshalb Künstler aus der Region ins Operndorf ein, damit sie die Schüler in Workshops spielerisch an die Kunst heranführen." Das war die große Vision Christoph Schlingensiefs: Kunst und Leben miteinander zu vereinen.
Lebendiger Kunstbegriff
Christoph Schlingensief wollte, dass "wir wieder lernen, wie Kreativität entsteht und sich entwickelt", sagte er einmal. Das Dorf sollte einer von ihm als "abgehoben" kritisierten Kunstszene als Vorbild dienen. Musik spielt dabei eine große Rolle. Das Operndorf besitzt deshalb auch ein eigenes Tonstudio, das von einem Studenten der Robert Schumann Hochschule in Düsseldorf eingerichtet wurde.
Ökologisches und nachhaltiges Bauen
Diébédo Francis Kéré heißt der Mann, der sein Wissen aus Europa mit seiner Kenntnis der Verhältnisse und der Menschen vor Ort zusammenbringt. Der Architekt legt großen Wert auf natürliche Baustoffe, die in Burkina Faso vorkommen: Die Lehmziegel, die lokal hergestellt werden, trotzen den Wassermassen während der Regenzeit und halten die Räume kühl. Strom für Klimaanlagen ist deshalb nicht nötig.
Zweite Bauphase abgeschlossen
Christoph Schlingensief hatte für das Operndorf ein klares Konzept: Zuerst sollte die Schule gebaut werden, danach die Krankenstation und zum Schluss das Festspielhaus. Seit Juni 2014 werden in der Krankenstation Patienten behandelt. Im Kreißsaal wurden schon einige Babys geboren. Zur Zeit gibt es viele Fälle von Malaria. Auch Kinder mit Durchfall werden in der Krankenstation behandelt.
Wurzelbehandlung im Operndorf
Einen Bereich für Zahnmedizin hatte Christoph Schlingensief ursprünglich gar nicht vorgesehen. Doch im Umkreis des Operndorfs gab es keine Zahnarztpraxis. Daher wurde jetzt eigens ein Zahnarzt von der Regierung eingestellt, die ihn auch bezahlt. Für die Menschen aus den umliegenden Dörfern ist es eine riesige Erleichterung: Ihnen bleibt der Fußmarsch zur weit entfernten Klinik erspart.