Osman Kavala kommt nicht frei
24. Dezember 2019Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien "komplett unbegründet", beteuerte Osman Kavala vor dem Gericht im türkischen Silivri bei Istanbul. Es war die erste Anhörung Kavalas, seit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßbrug am 10. Dezember die "sofortige Freilassung" des Intellektuellen gefordert hatte. Auch der Angeklagte selbst verlangte am Dienstag erneut ein Ende seiner "illegalen" Inhaftierung.
Doch Richter entschieden, dass Kavala nicht aus der Untersuchungshaft freikommt. Die nächste Anhörung wurde für Ende Januar angesetzt.
Schon zwei Jahre in U-Haft
Kavala war im Oktober 2017 festgenommen worden. Erst nach mehr als einem Jahr legte die Staatsanwaltschaft in dem Fall überhaupt eine Anklageschrift vor. Dem mittlerweile 62-Jährigen wird darin zusammen mit 15 weiteren Vertretern der türkischen Zivilgesellschaft vorgeworfen, die sogenannten Gezi-Proteste im Sommer 2013 organisiert und mit ausländischer Hilfe finanziert zu haben.
Die Proteste hatten sich damals an Plänen zur Bebauung des Istanbuler Gezi-Parks entzündet. Sie weiteten sich aus zu landesweiten Demonstrationen gegen die autoritäre Politik des damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan. Ihm gelang es erst nach Wochen, die Protestbewegung niederzuschlagen. Der heutige Präsident betrachtet sie als Verschwörung, die zum Sturz seiner Regierung führen sollte.
Der Prozess gegen Kavala stößt international auf scharfe Kritik, auch die Bundesregierung sprach den Fall immer wieder an. Die DW besuchte den Kulturmäzen und Bürgerrechtsaktivisten kürzlich im Gefängnis.
Vor seiner Festnahme hatte sich Kavala mit seiner Organisation Anadolu Kültür für den Dialog der Volksgruppen eingesetzt und einen der größten Verlage der Türkei betrieben. Anadolu Kültür ist auch Kooperationspartner des deutschen Goethe-Instituts.
wa/ni (afp, dpa)