Paris hält Migranten an Italiens Grenze auf
16. Juni 2015Es ist ein ferner Schatten von Schloss Elmau: Normalerweise gibt es im Schengenraum keine Grenzkontrollen. Wegen des G7-Gipfels in Bayern wurden diese aber vorübergehend wieder eingeführt.
Deshalb können die rund 200 Flüchtlinge, die am Grenzübergang zwischen dem italienischen Ventimiglia und dem französischen Menton festsitzen, nicht nach Frankreich einreisen - sie warten auf Felsen an der Küste (Archivbild) oder campieren im Bahnhof.
"Wir haben Anweisungen"
Die aus Afrika stammenden Migranten halten sich nach Angaben des Roten Kreuzes seit Donnerstag dort auf. Französische Gendarmen sagten, sie hätten Anweisungen, die Flüchtlinge nicht über die Grenze zu lassen.
Italiens Mininsterpräsident Matteo Renzi erklärte, Europa müsse das Flüchtlingsproblem "kollektiv" lösen. Es dürfe "keine nationalen Egoismen und kein Verschließen der Augen geben". Renzi kritisierte die "Muskelspiele einiger Minister befreundeter Länder". Damit spielte er auch auf Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve an. Dieser hatte die Zurückweisung der Migranten verteidigt: "Italien muss sich um sie kümmern, das ist europäisches Recht."
Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Frankreich kämen, sei im Vergleich zu den Vorjahren beispiellos. "Wir hatten seit Anfang des Jahres 8000 Grenzübertritte, etwa 6000 Personen haben wir nach Italien zurückgeschickt", sagte Cazeneuve.
Der Bürgermeister des betroffenen Ortes Ventimiglia, Enrico Ioculano, forderte eine Öffnung der Grenze auf Seiten Frankreichs. Innenminister Cazeneuve verwies jedoch auf die Dublin-II-Regeln, wonach Asylanträge in jenem Land bearbeitet werden müssen, über das ein Flüchtling in die EU eingereist ist.
"Diese Bilder nehme ich mit"
Sein italienischer Amtskollege Angelino Alfano nannte die Lage am Grenzübergang Ventimiglia dagegen einen "Faustschlag ins Gesicht Europas". Alfano kündigte an: "Diese Bilder bringe ich mit zum Innenministertreffen nach Luxemburg."
Die EU-Innenminister beraten an diesem Dienstag über die Flüchtlingspolitik. Dabei geht es auch um Pläne der EU-Kommission, zehntausende Migranten aus den Hauptankunftsländern Italien und Griechenland über Quoten auf andere EU-Staaten zu verteilen. Vor allem Tschechien, die Slowakei, Ungarn und die baltischen Staaten lehnen dies ab.
jj/sti (dpa, afp)