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PolitikPolen

Parlament in Polen lehnt Lockerung des Abtreibungsrechts ab

13. Juli 2024

In Polen hatte Regierungschef Donald Tusk im Wahlkampf eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts versprochen. Nun hat er einen Rückschlag erlitten. Im Parlament scheiterte vorerst eine entsprechende Initiative.

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Aktivistinnen der Gruppe "Frauenstreik" gaben im April im Parlament eine Pressekonferenz, einige halten grüne Tücher, andere kleine Plakate hoch
Aktivistinnen der Gruppe "Frauenstreik" setzen sich für eine Lockerung des Abtreibungsrechts ein (Archivbild)Bild: Attila Husejnow/SOPA Images via ZUMA Press/picture alliance

Die seit Dezember in Polen regierende Mitte-Links-Koalition war bei dem Thema nicht einig. Die konservative Bauernpartei PSL von Vizeregierungschef Wladyslaw Kosiniak-Kamysz stimmte fast geschlossen mit Nein. Die übrigen drei Fraktionen, die die Regierung tragen, befürworteten hingegen den Gesetzentwurf. Mit Nein stimmten im Parlament außerdem die Vertreter der beiden größten Oppositionsparteien, der rechtsnationalistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und der rechtsextremen Konfederacja.

Das katholisch geprägte Polen hat aktuell eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze in Europa. Der Abbruch einer Schwangerschaft ist nur erlaubt, wenn diese aus einer Vergewaltigung oder Inzest hervorging oder wenn das Leben und die Gesundheit der Frau gefährdet sind. Weist das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen auf, dürfen Frauen keinen Abbruch vornehmen.

Die Abtreibung selbst wird zwar nicht strafrechtlich geahndet. Aber für die Beihilfe dazu drohen bis zu drei Jahre Gefängnis. Dies kann auch Ehemänner, Partner oder Verwandte treffen, die einer Schwangeren Tabletten zur Abtreibung besorgen.

Erster von vier Gesetzentwürfen

Der Gesetzentwurf war der erste von insgesamt vier Gesetzentwürfen zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts in Polen. Er hätte unter anderem Aktivisten entlastet, die abtreibungswillige Frauen mit Pillen aus anderen Ländern versorgen.

Streit um Abtreibungen - Polinnen unter Druck

Die drei anderen Gesetzentwürfe, die noch in den parlamentarischen Ausschüssen beraten werden, brächten für Frauen eine Erleichterung des Zugangs zu Schwangerschaftsabbrüchen mit sich, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Einer der Entwürfe sieht etwa vor, Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche zu legalisieren.

Die vier Gesetzentwürfe der regierenden liberal-konservativen Bürgerplattform von Regierungschef Donald Tusk und ihrer Koalitionspartner hatten im April die erste Hürde im Parlament genommen. Die Abgeordneten lehnten damals in erster Lesung Anträge auf eine Ablehnung der Reform ab und gaben die Gesetzesvorlagen zur Beratung an einen Parlamentsausschuss weiter.

Frauenorganisation übt heftige Kritik

Die Frauenorganisation Federa sprach nach dem Parlamentsvotum von einer "Ohrfeige" für jede Frau. "Ärzte werden sich weiterhin hinter der Angst verstecken können, sich strafbar zu machen, wenn sie ihren Patientinnen helfen. Familien und Freunde werden weiterhin ihre Freiheit riskieren, wenn sie ihren Angehörigen helfen", hieß es in einer Erklärung.

Staatspräsident Andrzej Duda hatte im Vorfeld angekündigt, er werde den von Liberalen und Linken in den Sejm eingebrachten Gesetzentwurf nicht unterzeichnen und stattdessen sein Veto einlegen, wenn er im Parlament eine Mehrheit erhalte. Zur Begründung sagte Duda vor wenigen Tagen in einem TV-Interview, für ihn sei Abtreibung "das Töten von Menschen". Der konservative Katholik steht der PiS nahe, die während ihrer Regierungszeit das Recht auf Abtreibung stark eingeschränkt hatte.

Polens Präsident Andrzej Duda bei einer Rede
Der polnische Präsident Andrzej Duda (Archivbild)Bild: Hannes P Albert/dpa/picture alliance

Auch Polens katholische Bischöfe stellten sich strikt gegen Schwangerschaftsabbrüche. Eine "Ermordung eines ungeborenen Kindes" verursache schweres Leid, schrieben sie in einem gemeinsamen Brief zum Schutz des Lebens. Jeder Mensch guten Willens solle sich dem wachsenden Druck widersetzen, die Tötung eines Kindes im Mutterleib zu legalisieren.

Zentrales Wahlversprechen

Tusks pro-europäisches Bündnis hatte die Wahlen im vergangenen Oktober unter anderem mit dem Versprechen gewonnen, das Abtreibungsrecht zu liberalisieren. Laut einer Umfrage des Ipsos-Instituts sprechen sich 35 Prozent der Polen für eine Legalisierung von Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche aus. 21 Prozent befürworten eine Wiedereinführung des Rechts auf Abtreibung im Fall einer Missbildung des Fötus. 14 Prozent der Befragten sind für eine Beibehaltung der derzeitigen Regeln. Fast ein Viertel der Polen wünscht sich ein landesweites Referendum zu diesem Thema. 

kle/jj (afp, kna, dpa, rtr)