Payet rettet die Party
10. Juni 2016Die Gesichter auf den Tribünen wurden immer länger im Pariser Stade de France, der Schlusspfiff kam immer näher, als sich Dimitri Payet ein Herz fasste und aus 20 Metern einfach draufhielt. Ansatzlos, stramm, zog er ab, Augenblicke später schlug der Ball im linken oberen Winkel des rumänischen Tores ein. Der knapp zwei Meter lange Torhüter Ciprian Tatarusanu konnte nur hinterhergucken. Es sollte der Siegtreffer in der 89. Minute zum 2:1 (0:0)-Erfolg für die Gastgeber sein, denen damit eine Enttäuschung erspart blieb.
"Da war viel Stress, viel Druck", sagte der sichtlich gerührte Siegtorschütze Payet nach der Begegnung. "Wenn es mir jemand vorher gesagt hätte, hätte ich es nicht geglaubt, das mir das gelingt." Zuvor hatten sich die Franzosen sehr schwer getan, sich den Auftakt in ihre Heim-Europameisterschaft sicher anders vorgestellt: Die französische Führung durch Olivier Giroud (57. Minute) glich Bogdan Stancu (65.) per Foulelfmeter aus.
Eingeschüchtert und nervös
Ihre Gefährlichkeit hatten die Rumänen schon früh angedeutet: Bereits in der 4. Minute profitierte Schlussmann Hugo Lloris von seinem hervorragenden Stellungsspiel, als er aus kurzer Distanz von Stancu angeschossen wurde. Immer wieder tauchten die bissigen und überraschend spielstarken Gäste gefährlich vor dem Tor der Franzosen auf, allein ein Treffer wollte nicht gelingen. Offensichtlich wurden dabei immer wieder Abstimmungsschwierigkeiten in der Defensive der Equipe tricolore. "Wir waren ein bisschen eingeschüchtert am Anfang", sollte Payet später erklären.
Es dauerte einige Zeit, bis sich die Gastgeber die Nervosität aus den Köpfen und das Blei aus den Beinen gespielt hatten, aber nach knapp einer Viertelstunde kamen sie zu ihren ersten Chancen, Giroud köpfte über das Tor, Antoine Griezmann traf, ebenso per Kopf, nur den Pfosten. Dennoch ging es mit einem 0:0-Zwischenstand in die Kabinen. "Die Rumänen sind nicht leicht zu spielen, das wussten wir schon vorher. Die Pferde richtig aus dem Stall zu lassen, um in den Galopp zu kommen, ist nicht einfach", sagte Frankreichs Trainer Didier Deschamps nach der Partie. "Aber wir sind gut in das Turnier reingekommen."
Rumänische Schnellstarter ohne Happy End
In der zweiten Halbzeit erwischte wieder Rumänien den besseren Start, als wieder Stancu völlig frei vor Lloris auftauchte, den Ball mit der Brust annahm aber nicht voll volley erwischte und etwas kläglich vorbeischoss. Beim Führungstreffer, einem Kopfball von Giroud nach einer Payet-Flanke, machte Torwart Tatarusanu keine glückliche Figur. Statt den Ball wegzufausten, ließ er sich im Luftkampf von Giroud wegdrücken. Die Rumänen reklamierten Foul, manch ein Schiedsrichter hätte wohl auch abgepfiffen.
Auch beim Ausgleichstreffer gab es Diskussionen. Patrice Evra hatte im Strafraum Nicolae Sanciu ungeschickt von den Beinen geholt, Schiedsrichter Viktor Kassai aus Ungarn bekam offenbar ein Zeichen von seinem Assistenten und gab Elfmeter. Allerdings war auch dieser Szene eine Regelwidrigkeit eines rumänischen Angreifers vorausgegangen, der seinen Gegenspieler unterlaufen hatte. Stancu ließ sich nicht beirren und verwandelte sicher.
Deschamps brachte die jungen Offensivkräfte Kingsley Coman und Anthony Martial, die aber auch keine entscheidenden Impulse setzten konnten. Als sich die 80.000 Zuschauer schon auf eine Punkteteilung eingestellt hatten, schlug der beste Mann auf dem Platz zu. "Die hatten diese eine Chance, diesen einen Schuss, und der war drin", war Rumäniens Kapitän Vlad Chiriches nach der Partie sichtlich geknickt. "Vielleicht war es auch ein wenig Glück. Hätten wir Glück gehabt, hätten wir 1:1 gespielt." Der Sonntagsschuss von Dimitri Payet war der doch noch gelungene Startschuss der Franzosen in die Euro 2016. Dennoch - der Mitfavorit wird sich noch steigern müssen, wenn er den Pokal im eigenen Land behalten möchte.
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