Peking greift gegen Bürgerrechtler durch
21. Februar 2011Die Aktionen selbst waren vergleichsweise klein: Mehrere hundert Menschen in 13 chinesischen Städten folgten am Sonntag (20.02.2011) einem anonymen Aufruf im Internet. Wenige Tage vor dem Beginn des Nationalen Volkskongresses am 5. März gingen sie auf die Straßen, um nach dem Beispiel der Volksaufstände in der arabischen Welt mehr Freiheit und politische Reformen zu fordern. Der chinesischen Regierung aber ging dieser zaghafte Ruf nach einer chinesischen "Jasmin-Revolution" zu weit. Sie fürchtet, dass sich derartige Protestaktionen ausweiten könnten.
Alarmiert durch die Entwicklungen der vergangenen Wochen in Tunesien und Ägypten reagiert Peking mit harter Hand. Entsprechend massiv war die Polizeipräsenz in den von den Protesten betroffenen Städten, zum Beispiel in Peking. Dort trafen sich die Teilnehmer der Aktion direkt vor einer sehr bekannten McDonalds-Filiale. "Es war kein offener Protestmarsch, und es war schwer, die Demonstranten von Passanten zu unterscheiden", berichtet ARD-Peking-Korrespondentin Ruth Kirchner im Gespräch mit DW-WORLD.DE. Transparente oder Parolen - wie man sie von westlichen Demonstrationen kennt - gab es in Peking nicht. Nach ungefähr einer Stunde konnte die Polizei die Aktion beenden.
Schweigen aus Angst
Der Aufruf zur Demonstration war am vergangenen Donnerstag auf einer chinakritischen Webseite in Hongkong erschienen. Diese Seite ist zwar in der Volksrepublik geblockt. Aber trotzdem verbreitete sich der Inhalt schnell innerhalb der Internet-Community. Auch Polizei und Staatssicherheit hätten früh Wind von dem Protestaufruf bekommen, berichtet Korrespondentin Ruth Kirchner. "Schon im Vorfeld der Aktion wurden deshalb Duzende von Bürgerrechtlern festgenommen oder unter Hausarrest gestellt." Unter den Teilnehmern der Demonstration in Peking waren offenbar keine bekannten Aktivisten.
Unter den chinesischen Bürgerrechtlern herrsche große Angst, offen über die Situation zu sprechen. "Wir haben heute versucht, eine ganze Reihe von Aktivisten anzurufen, um ihre Meinung einzuholen", erzählt Kirchner. "Aber die Leute wollen darüber nicht reden, das Thema ist ihnen einfach zu heikel."
Der bange Blick auf die arabische Welt
Trotz der Demonstration vom Wochenende glaubt Ruth Kirchner nicht, dass der von der Pekinger Führung so gefürchtete "ägyptische Funke" auch auf China überspringen könnte. Zwar gebe es im Land insgesamt viel Unmut. Aber eine systematische Vernetzung via Handy oder Internet finde meist nicht statt. Deswegen komme es nicht zu gebündelten Protestaktionen.
Insgesamt sind die Voraussetzungen für eine "Jasmin-Revolution" in China derzeit nicht gegeben, meint ARD-Peking-Korrespondentin Ruth Kirchner. "Hier gibt es ja nicht eine Herrscherfamilie oder einen Machthaber wie beispielsweise Mubarak oder Gaddafi, gegen den sich der kollektive Hass richtet." In China habe man es mit einer mächtigen und omnipräsenten Partei zu tun. "Und diese KP wird von den Menschen nach wie vor akzeptiert. Daher ist das Potenzial für landesweite Proteste momentan hier nicht vorhanden."
Autorin: Esther Felden (mit dpa)
Redaktion: Silke Ballweg