Piloten drohen neue Streiks an
29. August 2014"Cancelled" - dieses Wort stand bis Mittag hinter vielen Germanwings-Flügen auf den Anzeigetafeln. Und Passagiere der Lufthansa und ihrer Tochtergesellschaften könnten es möglicherweise schon wieder am Wochenende auf den Anzeigetafeln lesen. Denn es sei möglich, sagte ein Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC), dass die Piloten bereits "fürs Wochenende oder die kommende Woche" in einen weiteren Ausstand gingen.
Streik soll angekündigt werden
Bisher habe Cockpit von Lufthansa noch kein neues Angebot erhalten, sagte der Gewerkschaftssprecher. Sollte es dabei bleiben, könne es schon in den kommenden Tagen mit neuen Streiks weitergehen. "Für den Fall der Fälle haben wir uns auf einen längeren Arbeitskampf eingestellt", sagte der Sprecher. Die Pilotengewerkschaft werde das aber in jedem Fall am Vortag ankündigen, um den Passagieren die Möglichkeit zu geben, sich darauf einzustellen. Den Angaben zufolge könnte ein neuer Ausstand auch die Fracht-Tochter Lufthansa Cargo oder die Muttergesellschaft Lufthansa treffen.
116 Flieger blieben am Boden
Bereits am Freitagvormittag hatten die Piloten der Lufthansa-Tochter Germanwings für mehrere Stunden die Arbeit niedergelegt. Zwischen 6.00 und 12.00 Uhr konnten etwa 15.000 Passagiere ihre geplante Reise nicht antreten. Betroffen waren vor allem innerdeutsche Verbindungen. Flüge in Urlaubsgebiete wurden nach Cockpit-Angaben nicht bestreikt. Für den Ausstand vom Freitag habe sich die Gewerkschaft "bewusst auf Germanwings konzentriert", so der Cockpit-Sprecher, weil der Lufthansa-Ableger viele Kurzstrecken bediene, bei denen Reisende auch auf die Bahn umsteigen könnten.
Am Kölner Airport, der am stärksten betroffen war, waren bis zum Mittag insgesamt 48 von 146 geplanten Flügen am ganzen Tag ausgefallen. Ins Stuttgart waren es 36 von 100 und in Berlin 30 von 78 geplanten Flügen. Neben den Flughäfen Hamburg, Berlin, Dortmund, Hannover und Düsseldorf - dort ist Germanwings mit eigenen Maschinen stationiert - kam es auch in Bremen, Dresden, Friedrichshafen, Leipzig, Nürnberg und München zu Flugausfällen. Trotz der Streiks kam es an den betroffenen Flughäfen zu keinen größeren Behinderungen, wie Sprecher der verschiedenen Standorte übereinstimmend bestätigen. Viele Fluggäste seien vorab über ihre Reisebüros, SMS oder Mails informiert worden. Die Passagiere konnten ihre Flüge kostenlos umbuchen oder auch stornieren.
Streit um die Übergangsrente
Eine Germanwings-Sprecherin sagte, der Ersatzflugplan sei "so gestartet, wie wir es vorgesehen hatten". Auch nach Ende des Streiks am Freitagmittag werde es allerdings durch Verschiebungen und Verspätungen noch zu Verzögerungen im Flugplan kommen. Ab Samstag solle der Flugverkehr bei Germanwings wieder nach Plan verlaufen.
Grund für den Arbeitskampf ist eine Auseinandersetzung über die Übergangsrente für die 5400 Piloten bei Lufthansa, Germanwings und Lufthansa Cargo. Bisher können die Piloten ab dem Alter von 55 Jahren in den bezahlten Frühruhestand gehen. Der Lufthansa-Konzern will durchschnittliche Eintrittsalter schrittweise auf 61 Jahre erhöhen und die Piloten an der Finanzierung beteiligen. Cockpit lehnt dies ab. Gespräche beider Seiten waren am Donnerstag ergebnislos gescheitert.
Vorwürfe von beiden Seiten
Die Lufthansa appellierte an die Pilotengewerkschaft, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. "Durch einen Streik ist noch kein Tarifkonflikt gelöst worden", sagte ein Lufthansa-Sprecher. Man erwarte von der Vereinigung Cockpit einen konkreten Vorschlag zur Neuregelung der Übergangsrente. Die Gewerkschaft habe einen Vorschlag zur Kostendecklung zwar angekündigt, aber bisher nicht vorgelegt.
"Wir sind sehr enttäuscht, dass wir den Streik nicht abwenden können. Es entsteht der Eindruck, dass für die VC der Streik bereits beschlossene Sache war", sagte Lufthansa-Personalvorstand Bettina Volkens. Ein VC-Sprecher wies den Vorwurf zurück: Die Gewerkschaft habe nicht von vornherein auf Streik gesetzt. Voraussetzung für weitere Gespräche sei aber ein diskussionsfähiges Angebot der Lufthansa. Die Gewerkschaft wirft ihrerseits dem Lufthansa-Konzern vor, die seit Monaten anhaltenden Verhandlungen um immer neue Themen zu erweitern und auf Zeit zu spielen.
Der Streik am Freitag verursachte der Lufthansa nach Unternehmensangaben einen wirtschaftlichen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe.
cw/det (dpa, rtr, afp)