Poker um Elbphilharmonie
31. Mai 2012Auf der Dauerbaustelle in der Hansestadt für das gigantische Konzerthaus an der Elbe soll es wieder vorangehen, aber der am Donnerstag gefundene Kompromiss zwischen Stadtoberen und Hochtief lässt viele Fragen offen. Wörtlich ist da in der Erklärung des verantwortlichen Bauunternehmens zu lesen: "Hochtief bereitet die Baustelle auf eine 'Absenkung' des Saaldaches vor und entspricht damit dem Wunsch der Freien und Hansestadt Hamburg".
Und ganz offensichtlich hält man sich alle Wege offen, denn weiter heißt es da: "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Arbeiten aus Sicherheitsgründen unterbrochen oder ausgesetzt werden müssen." Die Sicherheitsbedenken werden also wiederholt und die Drohung mit einem Baustopp bleibt im Raum. Genau deswegen waren im November 2011 die Arbeiten am Dach der Elbphilharmonie eingestellt worden. Hamburg hatte dem deutschen Bauriesen "wegen unberechtigter Leistungsverweigerung" mit Kündigung gedroht und ein Ultimatum bis zum 31. Mai gestellt für die Absenkung des Dachs.
Vorausgegangen waren in der Affäre Gerichtsklagen, ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss und mehrfach hatten Verantwortliche ihren Posten verloren.
Forderung nach genereller Neubewertung
Obwohl die Stadt mehrere Gutachten vorlegte, wonach das Dach der Philharmonie sicher ist, weigerte sich der Baukonzern, die 2000 Tonnen schwere Decke abzusenken, also die bisherige Konstruktion mit dem Restgebäude zu verbinden. Auch jetzt fordern die Bauleute immer noch eine komplette Neueinschätzung. Man hoffe, das "unsere konstruktive Lösung beim Saaldach ein positives Klima für eine Einigung bei anderen Themen schafft", kommentierte der Chef der Konzerntochter Hochtief Solutions, Rainer Eichholz. Er schob aber zugleich nach: "Wir brauchen eine umfassende Neuordnung des Projekts, sonst scheitern wir immer wieder".
Dem dürften die Kulturbehörde und die Architekten Herzog & de Meuron sicherlich zustimmen. Hochtief berate mit den Architekten, "um im Rahmen einer Kooperation die Planung des Projekts fertigzustellen und zu koordinieren", heißt es da formelhaft und jederzeit justiziabel.
Architekturkritiker sehen hier das Grundproblem bei Millionenprojekten wie dem der Elbphilharmonie: Zum einen liegen Planung und Bauausführung nicht in einer Hand und die Konfliktparteien kommunizieren nicht mehr. Zudem wird den Vertretern der Stadt oft die Kompetenz abgesprochen, solche ein Riesenvorhaben konkret zu planen und die Umsetzung fachmännisch zu begleiten. Auch in Hamburg waren nach den grundsätzlichen Beschlüssen und Verträgen immer neue Ideen forciert worden.
Der Besucherandrang auf der Großbaustelle ist weiterhin immens. Über die Eröffnung des Konzertgebäudes kann nur spekuliert werden. Die Kosten steigen und steigen.
SC/gmf (dpa)