Polar-Musikpreis für Cecilia Bartoli
17. Juni 2016Cecilia Bartoli ist so etwas wie eine "Anti-Diva". Sie ist der klare Gegenentwurf vom Klischee einer Sängerin, die übergewichtig oder magersüchtig ist und die flatterhaft Termine kurzfristig absagt. Die 50-Jährige ist bekannt für ihre Bodenständigkeit und ihren Fleiß, ihre Kommunikationsfreude. Ob Herbert von Karajan, Daniel Barenboim oder Nikolaus Harnoncourt - die großen Maestros suchten bereits in jungen Jahren ihre Nähe und wollten mit ihr zusammenarbeiten.
Bartoli ist einer der gefragtesten Opernstars der Welt. Über zehn Millionen Platten von ihr wurden verkauft, so dass sie sogar in den internationalen Popcharts vertreten war.
Nach zehn Echos und fünf Grammys erhält die Mezzosopranistin jetzt eine weitere Anerkennung: den mit einer Million Schwedischen Kronen (107.000 Euro) dotierten Polar-Musikpreis, der ihr am Donnerstag im Stockholmer Konzertsaal "Konserthuset" vom schwedischen König Carl XVI. Gustaf überreicht wurde.
Das Erfolgsrezept: Die Sängerin als ganzer Mensch
Die gebürtige Römerin hatte Berufssänger als Eltern und als Gesangslehrerin: ihre Mutter. Als Teenagerin wollte sie Flamenco-Tänzerin oder Posaunistin werden. Der Gesang setzte sich als Berufung jedoch durch. Heute ist die Oper in Zürich ihr Stammhaus. Mit ihrem Ehemann, dem schweizerischen Bariton Oliver Widmer, lebt sie in der Nähe der Stadt - und auch im persönlichen Leben hat sie anscheinend eine Erfolgsstrategie: "Mir gelingt es immer noch, meinen Beruf von meinem Privatleben zu trennen", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur 2008.
Zehn Millionen Plattenverkäufe
Die Musikerin trotzt gängigen Marketingstrategien: "Ich mache eine Aufnahme nur dann, wenn ich meine, sie ist es wert, dass man sie macht", erklärte sie einmal in einem Interview mit dem Knight Ridder Tribune News Service. In Bibliotheken suchte sie nach alten Partituren. "Ich kenne in der Musik nichts Aufregenderes", sagte sie im Juni 2016 in einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit". "Vor allem auch die Recherche, die Arbeit in Archiven und Bibliotheken, das Aufstöbern verschollener Stücke, ja ganzer Repertoires!" Die Jury hob besonders diesen Einsatz Bartolis für alte, lange Zeit vergessene Musik aus dem 17. bis 19. Jahrhundert hervor. Dadurch habe die Mezzosopranistin Brücken zwischen den Jahrhunderten gebaut und das Verständnis für das europäische Kulturerbe vertieft.
Ein gutes Beispiel dafür ist ihr Vivaldi-Album. Bis dato kannte man diesen Komponisten eher in Verbindungen mit seinen Instrumentalkonzerten, allen voran den "Vier Jahreszeiten". 1999 erschien dann Cecilia Bartolis "The Vivaldi Album", bei dem man den Tonschöpfer als Vokalkomponisten kennenlernen konnte. Es folgten weitere Alben, die ähnlich ungewöhnlich, bahnbrechend und kommerziell erfolgreich waren: mit Arien des Komponisten Christoph Willibald Gluck, des legendären Kastraten Farinelli oder ihrer persönlichen Heldin im 19. Jahrhundert, der Mezzosopranistin Maria Malibran.
Intendantin in Salzburg
2012 wurde sie zur Intendantin der Salzburger Pfingstfestspiele berufen. Dort begann sie mit einer Produktion von Georg Friedrich Händels Oper "Julius Caesar in Ägypten", legte nach mit Vincenzo Bellinis "Norma" und präsentierte 2016 Leonard Bernsteins "West Side Story" - in allen Produktionen sang sie auch. Der Vertrag mit den Salzburger Pfingstfestspielen wurde bis 2021 verlängert.
Große Ehre: Der Polar-Musikpreis
Der 1989 vom verstorbenen ABBA-Manager Stig Anderson ins Leben gerufene Polar-Musikpreis soll "musikalische Grenzen überwinden, indem man Menschen aus allen unterschiedlichen Musikwelten zusammenbringt".
Ebenfalls prämiert in diesem Jahr wird Max Martin (45), der Komponist zahlreicher Hits für Bon Jovi, Backstreet Boys, Katy Perry und Britney Spears.
Einen Klassik- und einen Popmusiker zu ehren, gehört zur Tradition dieses Preises. Zu den bisherigen Gewinnern gehören Stevie Wonder und Paul McCartney, Quincy Jones und Keith Jarrett oder Pierre Boulez und Steve Reich. "Es ist eine große Ehre, wie meine großen Vorbilder damit ausgezeichnet zu werden", sagte Cecilia Bartoli.