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Polen lässt Absturz-Opfer von Smolensk exhumieren

22. Juni 2016

Im Zuge neuer Ermittlungen zum Absturz einer polnischen Regierungsmaschine in Russland sollen die Särge der Opfer wieder geöffnet werden. Polens starker Mann Jaroslaw Kaczynski glaubt nicht an einen Unfall.

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Polen Jahrestag der Flugzeugkatastrophe bei Smolensk
PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski im Jahr 2015 beim Gedenken an seinen ZwillingsbruderBild: picture-alliance/dpa/J. Kaminski

Für die neuen Ermittlungen der Flugzeugkatastrophe von Smolensk will die polnische Staatsanwaltschaft womöglich bis zu 90 Opfer exhumieren - auch gegen den Willen der Angehörigen. "Der Staatsanwalt führt die Ermittlungen, von ihm hängt die Entscheidung ab", sagte Marek Pasionek, Leiter der Ermittlungsgruppe, dem polnischen Rundfunksender "Radio Zet".

Bei dem Absturz im Jahr 2010 kamen neben mehreren Regierungsmitgliedern, Militärs und dem Notenbankchef auch der damalige Präsident Lech Kaczynski und seine Frau ums Leben. Kaczynskis Zwillingsbruder Jaroslaw ist heute als Chef der Regierungspartei Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) der starke Mann in Polen. Er hat die damalige Einschätzung, dass es sich bei dem Absturz um einen Pilotenfehler gehandelt habe, nie akzeptiert. Er vermutet eine Explosion an Bord des Flugzeugs. Außerdem machte Kaczynski den damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, indirekt für den Absturz mitverantwortlich.

Seit Ende März müssen sich mehrere Mitarbeiter der Staatskanzlei des damaligen Regierungschefs Tusk in Warschau vor Gericht verantworten. In dem Zivilverfahren auf Antrag mehrerer Opferfamilien werden ihnen Versäumnisse bei der Vorbereitung des Flugs vorgeworfen. Bei den regelmäßigen Smolensk-Gedenkdemonstrationen sind immer wieder Rufe wie "Tusk, du Mörder" zu hören oder "Stellt Tusk vor Gericht."

Blumen und Fahnen erinnern nach dem Absturz im April 2010 vor Schloss Wawel in Krakau an die Opfer (Foto: Getty)
Blumen und Fahnen erinnern nach dem Absturz im April 2010 vor Schloss Wawel in Krakau an die OpferBild: Getty Images/C. Koall

Wie "Radio Zet" weiter berichtete, wollen die Ermittler in der nächsten Zeit Gespräche mit den Opferfamilien führen. Sollten diese einer Exhumierung nicht zustimmen, liege die letzte Entscheidung bei den Ermittlern.

Belastung für die Beziehugnen zur Russland?

Die neuen Untersuchungen könnten auch die Beziehungen zwischen Polen und Russland weiter belasten. Die PiS hat Russland zwar nie direkt vorgeworfen, für den Absturz und den Tod des damaligen polnischen Präsidenten verantwortlich zu sein. Russland habe aber davon profitiert, lautet die Position der Partei. Außerdem warfen PiS-Funktionäre Russland vor, die Ermittlungen zu verzögern und den Polen Beweisstücke vorzuenthalten.

Die polnische Delegation flog damals nach Smolensk, um der von sowjetischen Sicherheitskräften ermordeten polnischen Offiziere und Intellektuellen zu gedenken. Rund 22.000 Polen wurden 1940 getötet. Jahrzehntelang hatte die Sowjetunion Nazi-Deutschland für das Massaker an den Polen verantwortlich gemacht.

stu/fab (dpa, rtr)