Politiker und das Hochwasser
Hochwasser werden immer häufiger in Deutschland - und damit auch die Besuche von Politikern an den Orten der Katastrophe. Ein Blick auf bedeutende politische Momente am Rande der Fluten.
Helmut Schmidt, Hamburg, 1962
Die Nordsee-Sturmflut im Februar 1962 tötete mehr als 300 Menschen, Zehntausende in der Hafenstadt Hamburg wurden obdachlos. Sie war aber auch ein entscheidender Wendepunkt in der Karriere des zukünftigen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, damals Innensenator des Stadtstaates. Sein Umgang mit der Katastrophe machte ihn deutschlandweit bekannt.
Helmut Kohl, Brandenburg, 1997
Der "ewige Kanzler" war in der Endphase seiner Kanzlerschaft, als er 1997 das Hochwassergebiet im ostdeutschen Bundesland Brandenburg besuchte, wo die Oder massiven Schaden angerichtet hatte. Die "Einheitsflut" gilt als die erste bundesdeutsche Katastrophe, die den Zusammenhalt zwischen West und Ost im wiedervereinigten Land auf die Probe stellte.
Gerhard Schröder, Grimma, 2002
Als im Sommer 2002 starke Regenfälle zu tödlichen Hochwassern in Deutschland, Österreich und Tschechien führten, konnte Kanzler Gerhard Schröder im Wahlkampf das Ruder rumreißen. Vorher hatte es nicht gut ausgesehen für seine SPD. Doch dann erschien er als Krisenmanager in Gummistiefeln im kleinen Ort Grimma in Sachsen. Einen Monat später gewann seine Partei knapp die Bundestagswahl.
Edmund Stoiber, Passau, 2002
Sein Gegner Edmund Stoiber, Kanzlerkandidat für die konservative CDU/CSU, wurde von Schröders Initiative überrascht. Er war in Norddeutschland im Urlaub, als in Sachsen die Flut kam. Erst einige Tage später kam er nach Sachsen und beschwerte sich erbost über den "Hochwassertourismus" seines Widersachers.
Angela Merkel, Neu Garge, 2006
Angela Merkel besuchte während ihrer Kanzlerschaft mehrere Überflutungsgebiete. Das erste war in Sachsen, als im März und April 2006 die Elbe über die Ufer trat. Die Katastrophe ereignete sich nur wenige Monate nach Hurrikan Katrina in den USA, wo Präsident George W. Bush für sein schlechtes Krisenmanagement kritisiert worden war. Das wollte Merkel vermeiden.
Angela Merkel, Dresden, 2013
2013 wurden Ost- und Süddeutschland wieder von einem schweren Hochwasser getroffen, diesmal wenige Monate vor der Bundestagswahl. Das historische Zentrum Dresdens war in Gefahr, als die Elbe in ganz Mitteleuropa über die Ufer trat. Merkel besuchte betroffene Regionen in Sachsen und Bayern und versprach Hilfe vom Bund.
Armin Laschet, Hagen, 2021
Der CDU-Kanzlerkandidat und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen sagte alle Termine ab und besuchte die vom aktuellen Hochwasser schwer getroffene Stadt Hagen. Eine schwierige politische Lage für Laschet: Die tödliche Flut geht auf den Klimawandel zurück und er gilt als Schutzpatron des Kohle-Abbaus in seinem Land. Das könnte seinem Wahlkampf schaden.
Olaf Scholz, Bad Neuenahr, 2021
Der sozialdemokratische Kanzlerkandidat Olaf Scholz besuchte gemeinsam mit SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer das Nachbarland Rheinland-Pfalz, wo das Hochwasser ebenfalls wütete. Scholz' Partei liegt in den Umfragen weit hinter der CDU, aber als Bundesfinanzminister konnte Scholz den Regionen immerhin finanzielle Soforthilfe vom Bund versprechen.
Angela Merkel, Schuld, 2021
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Sonntag das Dorf Schuld in der Eifel besucht. Sie versicherte den Menschen vor Ort, an ihrer Seite zu stehen - und kündigte direkt einen weiteren Besuch an: "Wir bleiben in Kontakt und ich komme Ende August noch mal wieder." Ein Wahlkampfauftritt? Nein, denn zur Bundestagswahl im September tritt sie nicht mehr an. Aus dem Englischen übersetzt von Carla Bleiker.