Politischer Wille zu Waffenruhe fehlt
28. Juli 2014Es war ein deutliches Signal an die Konfliktparteien, mehr aber auch nicht. In der Nacht zum Montag (28.07.2014) hatte der UN-Sicherheitsrat Israelis und Palästinenser einstimmig zu einer "sofortigen und bedingungslosen humanitären Waffenruhe" im Gazastreifen aufgefordert. Die Erklärung, die bei allen 15 Mitgliedern des Gremiums auf Zustimmung traf, war von Jordanien eingebracht worden.
Völkerrechtlich bindend ist dieses "Präsidentielle Statement" nicht. Dazu hätte es einer offiziellen "Resolution" bedurft. Doch darauf konnte sich der Sicherheitsrat, in dem die fünf ständigen Mitglieder Russland, USA, Frankreich, Großbritannien und China ein Veto-Recht haben, nicht verständigen. Der palästinensische UN-Botschafter Rijad Mansur kritisierte daher im Anschluss an die Sitzung, dass der Sicherheitsrat lediglich eine Erklärung verabschiedet habe und dass darin auch kein Abzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen verlangt werde.
Vorstufe zur Resolution?
Auch Tom Koenigs, menschenrechtspolitischer Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion und ehemaliger UN-Sonderberichterstatter im Kosovo und in Afghanistan, hätte sich mehr gewünscht: "Es wäre besser gewesen, es hätte eine Resolution gegeben, die dann auch eine noch stärkere Verbindlichkeit mit sich bringt", erklärte er im Deutschlandfunk. Aber er sieht auch positive Aspekte: "Es ist trotzdem wichtig, dass dieser Appell deutlich gesagt wird und von allen Beteiligten unterstützt wird. Den direkten Beteiligten und auch den indirekt Interessierten. Und von daher ist es gut, dass es eine einstimmige Erklärung gibt."
Vielleicht könnte die Erklärung auch eine Vorstufe zu einer Resolution sein. Das glaubt zumindest Muriel Asseburg, Nahost-Expertin von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. "Von den Formulierungen her werden hier Verhaltenspflichten formuliert, wie sie auch in einer Resolution zu finden wären."
Dass die Erklärung in ihrer jetzigen Form schon die gewünschte Wirkung erzielt, scheint angesichts der neuen Eskalation am Montag (28.07.2014) zweifelhaft. An einer echten Waffenruhe scheinen die Verantwortlichen beider Seiten kein Interesse zu haben - trotz der vielen Toten. Seit Beginn der Kämpfe vor etwa drei Wochen sind bereits mehr als tausend Palästinenser ums Leben gekommen, die meisten von ihnen Zivilisten. Auf Seiten Israels wurden nach offiziellen Angaben 43 Soldaten und drei Zivilisten getötet.
Hardliner profitieren
In Israel scheint auch die Mehrheit der Bevölkerung den harten Kurs der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu unterstützen. Laut einer in der israelischen Tageszeitung "Jerusalem Post" veröffentlichten Umfrage von Sonntag (27.07.2014) sprachen sich 86,5 Prozent der Befragten gegen einen Waffenstillstand aus. Netanjahu sagte am Sonntag einem US-Sender, sein Land werde "alles Notwendige" zur Verteidigung der israelischen Bevölkerung tun. Er werde nicht zulassen, dass "eine skrupellose Terrororganisation entscheidet, wann es ihr genehm ist, einen Moment Pause zu machen, sich wiederzubewaffnen und dann erneut auf unsere Bürger zu schießen".
Doch die Hamas profitiert von dem anhaltenden Konflikt. "Kurzfristig wird sie militärisch geschwächt und politisch gestärkt", sagt Muriel Asseburg. "Ob sie auch mittel- bis langfristig politisch gestärkt aus der Krise hervorgeht, wird zunächst von den Waffenstillstandsvereinbarungen abhängen." Eine Rolle spiele aber auch, ob Palästinenserpräsident Abbas von der Fatah "eine glaubwürdige Alternative zum bewaffneten Widerstand anbieten kann, um die Besatzung zu beenden und die Situation im Gaza-Streifen merklich zu verbessern." Um das zu erreichen müsse die Fatah bei möglichen Waffenstillstandsvereinbarungen "in tragender Rolle mit einbezogen werden".
Ein Ende des Raketenbeschusses aus dem Gazastreifen kann jedoch nur die Hamas durchsetzen. Den Einfluss des politischen Arms der radikalislamischen Organisation auf die Kämpfer hält sie nach wie vor für gegeben: "Die Hamas hat in den letzten Jahren immer wieder unter Beweis gestellt, dass sie selbst in der Lage ist eine Waffenruhe einzuhalten und auch andere militante Gruppierungen weitgehend darauf zu verpflichten."