Erdogan-kritischer Medienkonzern gestürmt
28. Oktober 2015Vor laufenden Kameras haben Einsatzkräfte die Zentrale des regierungskritischen Medienkonzerns Koza-Ipek in Istanbul gestürmt. Im Internet verbreitete Live-Bilder zeigten weiter, wie die Polizisten unter dem Einsatz von Tränengas gegen Angestellte vorgingen, die sich ihnen entgegenstellten.
Schließlich gelangten die Eindringlinge in die Regieräume der beiden TV-Sender Kanaltürk und Bugün. Diese stehen nun unter Kontrolle eines von der Justiz eingesetzten Zwangsverwalters.
Ganze Unternehmensgruppe unter staatlicher Aufsicht
Der Koza-Ipek-Konzern, der auch im Bergbau und im Energiesektor aktiv ist, steht der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen nahe. Gülen, ein ehemaliger Unterstützer des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, hatte sich vor zwei Jahren mit der Regierung überworfen. Seitdem wirft Erdogan dem in den USA lebenden Gülen einen Umsturzversuch vor. Gülen weist die Anschuldigung zurück, er habe Polizei und Justiz unterwandern lassen.
Anfang September hatte ein Sonderkommando bereits die Zentrale des regierungskritischen Medienkonzerns und Privatwohnungen der Inhaberfamilie durchsucht. Am Dienstag wurde die Unternehmensgruppe unter staatliche Aufsicht gestellt. Die Koza-Ipek-Holding stehe im Verdacht der Geldwäsche und der Unterstützung einer Terrororganisation, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.
Das Erdogan-Kabinett steht seit langem wegen seines restriktiven Vorgehens gegen Journalisten in der Kritik. Die EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini mahnte in Brüssel, die Türkei müsse wie jedes andere Land, das über einen EU-Beitritt verhandelt, sicherstellen, dass die Menschenrechte eingehalten werden - das schließe auch das Recht auf freie Meinungsäußerung ein.
se/fab (rtre, afp)