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Portugal trauert nicht um den Escudo

Jens Borchers 4. Dezember 2001

Nach langer Inflationsgeschichte freuen sich die Portugiesen auf das Euro-Bargeld

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Die nationalen Seiten der portugiesischen Euro-Münzen zeigen königliche Siegel.Bild: EZB

Portugal wird mit der Einführung des Euro einen Schutzschild verlieren. Denn ein Escudo - so heißt die portugiesische Währung - ist wörtlich übersetzt ein Schild. Dieser Schild ziert erstens die Flagge und zweitens die Münzen. Aber nicht mehr lange - der Euro kommt. Kommentar von der Straße: "Ich werde ihn nicht vermissen, den Escudo. Es muß wohl so sein, dass man eine Einheitswährung hat. Es sind so viele verschiedene Währungen. Und, auch wenn der Escudo verschwindet, es wird ja einen Gegenwert geben. Irgendwann sprechen wir vielleicht ja auch alle Englisch oder Deutsch. Französisch hoffentlich nicht, denn das mag ich nicht."

Ende einer geschichtsträchtigen Währung

Aber vorerst wird es nur das Geld sein, das anders aussieht. Ein Stückchen portugiesische Geschichte rückt mit dem Verschwinden des Escudo in den Hintergrund. Mit dem Übergang von der Monarchie zur Republik 1910 wurde auch der Escudo eingeführt. Vorher gab es den Reis, der in so großen Zahlen gerechnet werden mußte, daß selbst Mark Twain in "Die Arglosen im Ausland" seine Verwirrung mit den enormen Reis-Summen schildert, die er in Dollar ausgedrückt, dann doch nicht mehr so erschreckend fand.

Touristenschreck Escudo

Aber auch der Escudo hat es manchen Touristen dennoch nicht einfacher gemacht. Immer wieder stehen vor allem amerikanische Reisende in Portugal vor Schaufenstern und wundern sich über die angeblich unglaublich hohen Preise. Ein Paar Schuhe beispielsweise ist mit 5.000 Escudos ausgezeichnet. Das sind zwar nur 25 Euro, aber weil die Escudos mit dem Dollarzeichen abgekürzt dargestellt werden, staunen die Amerikaner.

Vorfreude auf den Euro

Unter dem Diktator António de Oliveira Salazar gehörte der Escudo zeitweise zu den stabilsten Währungen der Welt - Salazar ließ große Mengen von Gold horten, um die portugiesische Währung stabil zu halten. Nach der Nelkenrevolution am 25. April 1974 aber grassierte eine galoppierende Inflation, die man erst in den 90er Jahren in den Griff bekam. Aus dieser nachrevolutionären Zeit des rapiden Wertverlustes der Währung erklärt sich wohl die Gelassenheit, mit der die Portugiesen von ihrem Escudo Abschied nehmen: "Das Geld hat doch keinen sentimentalen Wert, das spielt doch keine Rolle. Ich glaube der Euro ist eine gute Option. Die Leute können ins Ausland reisen und trotzdem haben sie es immer mit der gleichen Währung zu tun. Das Geld ist eben ein alltäglicher Gebrauchsgegenstand, aber kein sentimentaler Wert."

Auf die Kaufkraft kommt es eben an. Deshalb hört man in Portugal oft, daß das Herz der Menschen nicht allzu sehr am Escudo hängt. Und zumindest mit der Umrechnung in Euro werden die Portugiesen kein großes Kopfzerbrechen haben. 200 Escudos sind praktisch gleich ein Euro. Da müssen die meisten Preise einfach nur durch zwei geteilt und zwei Nullen gestrichen werden. So ergibt sich auch kein Problem mit der Umrechnung von psychologisch wichtigen Preisen. Die Schuhe für 5.000 Escudos kosten eben einfach 25 Euro. Und dann können auch die US-Touristen die Preise in den Lissabonner Schaufenstern betrachten, ohne zu erschrecken.